Internationale Fundnummer?

Guten Tag, ich hätte eine allgemeine Frage bezüglich der Registrierung von Funden und zwar interessiert mich, ob eine Internationale Fundnummer existiert. Also irgendentwas was z.B. mit der ISBN bei Büchern gemacht wird, nur für jedes Fundstück. Bei Ausgrabungen werden ja eh alle Funde registriert. Macht das jeder Grabungsleiter nach eigenem Schema, oder gibt es dafür eine Vorgabe - am besten eine DIN oder sowas?

Eine direkte internationale Fundnummer existiert nicht. (Tlw aber internat. Typologienbezeichnungen im weitesten Sinne so etwas wie z.B. “Dragendorf xxx”, wenn anerkannt) Zumindest ist es in Deutschland so, dass die jeweiligen Grabungsvorschriften,sofern existent, Ländersache sind. Desweiteren existieren ebenso gewisse Unterschiede innerhalb der Bundesländer (zumindest meiner eigenen Erfahrung nach). Letztendlich können gesuchte Objekte die z.B. ein gewisses Thema betreffen überJahrbücher, Ortsarchive, (Sammeldatenbanken mit der jeweilegen Aktivität und Angaben über Funde und Datierung), Kataloge,usw gefunden werden und u.a. in den jeweilegn Veröffentlichungen (sofern existent). Dabei kann es vorkommen, das Fundkomplexe tlw über Jahre brachliegen bis sie entsprechend bearbeitet werden. Desweiteren gibt es noch das Problem der Altfunde. so kann, wenn man z.b. kaiserzeitliche germanische Keramik am Rhein sucht sich unter den Begriffen “heimatlich,deutsch,urdeutsch,vor/urgeschichtlich, gefunden 1912” alles mögliche verbergen und sollten/müssen bei Bedarf einzeln geprüft werden Daher ist das Ausfindigmachen von Funden zu einer Themenstellung in einem gewissen Gebiet mitunter eine Menge Arbeit und schliesst je nach Umfang kiloweise Literatur,Archivbesuche und sonstiges Ausfindigmachen mit ein. Die Archäologie (und ihre Überschneidungsfächer zu allen möglichen anderen Fachbereichen) macht zwar mittlerweile immer bessere Fortschritte ebenfalls (im positiven Sinne)sich zu globalisieren, aber manche Bereiche sind , überspitzt gesagt, tlw nicht in der Lage miteinander zu reden. Da der Bereich (gemessen an der Gesamtzahl der Beschäftigten in einem Land) ziemlich klein ist ("eine Blase) gibt es auch mitunter tiefe Grabenkriege und nicht mehr zu revidierende Eifersüchteleien zu gewissen Themen und das hemmt das ganze etwas. Desweiteren weicht die Herangehensweise zwischen den einzelen Ländern beträchtlich voneinander ab.

Das ist schon sehr traurig sowas zu hören. Ist zumindest bekannt, ob eine solche eindeutige Identifikationsnummer eingeführt werden soll? Macht sich da irgendjemand Gedanken?

Ob da etwas in Planung ist, weiss ich ehrlich gesagt nicht. Andererseits ist der Aufwand bei diesem speziellen Fall auch wirklich immens. Es würde sich ja die Frage stellen wie so etwas klassifiziert werden könnte, da man zwar Funde welcher Art auch immer natürlich Kulturen,Völkern, Zeiträum,Moden,Räumen evtl Einzelpersonen usw zu ordnen kann aber die jeweiligen Fundstücke auf ihre Art doch sehr “individuell” sind. Ein Buch mit einer ISBN Nummer ist weltweit immer dasselbe und kann dann nach Sprache Auflage usw relativ leicht eingeordnet werden. Oder wenn eine neue Ameisenart entdeckt wird und in eine Sammlung eingeführt wird, diese Ameise wenn richtig bestimmt auch sher verallgemeinbar und dann auch immer gleich ist und wenn sie sich nicht verändert es auch fast egal ist aus welchem Jahrhundert sie stammt. Hinzu kommt noch, dass die Archäologie manchmal vl etwas grösser wirkt als sie eigentlich ist. TerraX, Pyramiden, Neuste Forschung um Stonehendge, Statuen, das Institut xy hat folgendes entdeckt und ein Herr/Dame im Khakihemd staubt einen Stein ab und erzählt tolle Dinge, klingt gut und sieht auch immer gut aus. Dazu kommen aber noch ungezählte Tütchen die irgendwann irgendwo im lehmigen Untergrund (oder wo auch immer)eingesammelt wurden und weltweit die Magazine füllen. Um das alles zu sichten, müssten weltweit tausende neue Mitarbeiter eingestellt werden. Sehr oft kann man halt froh sein, dass DInge überhaupt bearbeitet werden statt nur auf der Halde zu landen wenn es sich nicht grade um eine neue Stadt handelt o.ä. die das Glück hat nicht einer neuen Lnadstrasse oder ähnlichem im Weg zu sein.

Ich bin zwar in der Frage nicht mit Hintergrundwissen bewandert, aber falls das jemand liest und in der gewünschten Richtung aktiv ist, hätte ich eine Anregung. Und zwar wenn es darum jeht jeden Fund einfach nur eindeutig wiederfinden zu können, könnte man beim Internet eine Anleihe machen (da muss man ja auch genau die Richtige aus den Milliarden Web-Seiten wiederfinden können). Das geht über eine Hierarchie. Also irgendwas wie Land.Bundesland.Organisaton.Archiv. Ausgrabungsnummer.Fundnummer.Bruchstück Und wie das im Detail aussieht kann jedes Land/Bundesland/Organisation usw. selber ausgestalten so dass niemand seine Altbestände umdeklarieren muß. Sondern sie werden (so ähnlich wie aus BLZ und Kontonummer eine IBAN wurde) einfach eingereiht. Das würde zumindest das Wiederfinden und Zitieren eindeutig machen. Wenn es um die Klassifizierung geht, da hat die Medizin eine (auch hierarchische) Liste aller Krankheiten aufgestellt (ICD = International Classification of Diseases). Ob so etwas für archäologsiche Forschung praktikabel ist weiss ich nicht. Nikolaus Schaller

Also ich seh das so: 1. jeder Fund muss sowieso verzeichnet werden. 2. Dann kann man auch einen weltweit gültige FundID die unabhängig von der Art des Fundes ist einführen. Die Idee mit der URL ist gar nicht so verkehrt. Es braucht halt nur eine Registry wie bei den URLs über die man dann navigieren kann. Auch hier bieten URLs eine gute Vorlage (Infrastruktur und Handhabung). Nur muss das halt eine URID sein. Also eine ID, die dauerhaft gültig bleibt. Da sind Institutions oder Ländernamen etwas zu vergänglich. Ich sehe da deshalb eher sowas wie [EXCURSIONSNR][CRC]-[FUNDNUMMER][CRC] Das ganze sollte so unpretenziös wie bei der ISBN ablaufen. Dort kann jeder der ein Buch veröffentlichen will, sich eine ISBN holen. So sollte jeder, der Fundstücke bekannt machen will, sich eine Excursionsnr holen können. Egal ob Uni, Offiziell oder nicht.* Die Fundnummer könnte einfach fortlaufend vergeben werden. Das ist am einfachsten für die Mitarbeiter vor Ort. CRCs sind Nummern, welche als Prüfzahlen dienen. Sie ergeben sich aus den anderen Zahlen und stellen so sicher, dass sich keine Tippfehler in die Zahlen einschleichen. Man kennt sowas z.B. von Kontonummern. Ich hatte erst noch überlegt die Fundnummern zu kategoriesieren z.B. nach Keramik, Metall, Knochen, Holz, etc. Das ist aber keine gute Idee, da es immer Grenzfälle gibt. Einfach fortlaufend nummerieren, egal ob es eine 10t Statue oder ein Tütchen Erde ist. Wichtig ist ausschließlich, dass der Fund eindeutig benannt werden kann. Alle URIDs müssten dann, sobald wie möglich, an die Registraturserver übermittelt werden. Und zwar in der Form eines Datenpacketes der Art: URID, kurze Beschreibung (<250Zeichen) in einer gesprochenen Sprache, Finder (optional), Einreichender (optional), kleines Bild ( <100KB, optional) Die trockene Auswertungs und Beschreibungsarbeit ist dann, wie heute auch, trotzdem zu machen. Nur steht halt auf den Karteikarten, in den Publikationen, Archivverzeichnissen oder sonst wo, als Bezeichnung dann die URID. *) Ganz überspitzt gesagt, sollte selbst ein Grabräuber so eine ID sich besorgen können. Denn wenn er seine Raubstücke so erfasst, weiß man wenigstens das sie existieren… Wobei solche Leute das nicht machen würden, selbst wenn sie könnten.

Im Prinzip wäre so eine internationale Fund-ID keine schlechte Sache, allerdings glaube ich eher weniger, dass es so etwas mal wirklich geben wird.

Das würde wie auch bei der ISBN eine (inter-)nationale Registrierungsstelle voraussetzen. Diese müsste natürlich irgendwie finanziert werden und schon da beginnen die Probleme. Insofern wäre eine etwas “hierarchischere” Fund-Identifikations-Nummer vermutlich eher zu realisieren, etwa in der Form, wie hns vorgeschlagen hat.

Ich persönlich würde allerdings noch die Befund-Nr. mit aufnehmen. Auf diese Weise wäre schon aus der Fund-ID ersichtlich, wo in der Grabungsdokumentation man nachsehen muss, wenn man näheres zu dem Fund wissen will. Für den Fall, dass es keine Befund-Nr. gibt (z.B. für Oberflächenfunde) wäre an der entsprechenden Stelle eben eine “1” anzugeben. Aber natürlich lassen sich Fundstücke auch heute schon genau benennen, nur ist es eben (noch?) nicht so formalisiert bzw. nicht einheitlich. In der Regel haben ja Sammlungen, Museen, Archive etc. bereits Katalognummern. Funde lassen sich also etwa so beschreiben: “Museum X, Y-Ort, (Z-Land), Katalognummer 12345” Was ja in etwa das gleiche ist. Wenn man also ein Fundverzeichnis mit eindeutiger Nummernvergabe führt, lässt sich so jedes Stück benennen: “Name des Verzeichnisses: Nummer des Stücks”, wobei die Stück-/Fund-Nummer natürlich bei jedem Verzeichnis anders aufgebaut kann. Das zu vereinheitlichen dürfte vermutlich schwierig werden, denn man müsste alle Betroffenen davon überzeugen, dass ein neues System besser ist als das, was sie bisher verwenden …

Eine überall recherchierbare Fundnummer wäre natürlich wünschenswert. Umsetzbar ist das aber sicherlich nicht. Was soll aus den ganzen Altfunden werden? Auch sie müssten neu inventarisiert werden, um weiterhin Zugriff auf sie nehmen zu können. Schon heute sind die Amtsarchäologien und öffentlichen Museen diesbezüglich an ihre Grenzen gestoßen. Ich kenne Archäologen, die in ihrer Freizeit Funde inventarisieren. Eine weitere Gefahr sehe ich bei möglichem zentralen Zugriff auf Funde und Fundinformationen. Wie von Konstantin bereits erwähnt, schleichen sich Fehler bezüglich der Datierung, Fundumstände usw. ein. Wird das Material dann einmal “wissenschaftlich” ausgewertet, ist es nicht selten, dass der “Bearbeiter” unreflektiert abschriebt und der Fehler sich “durchzieht”. Ich habe selbst schon für ein Inventar nach Grabhügeln gesucht, die in der Literatur mehrfach erwähnt wurden. Es handelt sich lediglich um Lesesteinhaufen. Sie werden aber bis auf den heutigen Tag als Grabhügel “verkauft”. Deshalb finde ich es gar nicht schlecht, wenn man sich seine Quellen selbst erschließen und recherchieren muss, das führt zur nötigen Quellenkritik und Materialkenntnis. Gerade diese kann man sich nur autodidaktisch, durch “begreifen”, aneignen.

Mal etwas über meinen Background, bevor ich auf die Diskussion komme: Ich bin Dipl.Informatiker interessiere mich aber für Archäologie und alte Sprachen (Hauptsächlich Keilschrift) und zwar schon sehr lange (denke so 2.Klasse) und trotz einer Lateinlehrerin die ihr bestes Tat mich zu demotivieren. :wink:

Die Argumentation kenne ich aus meinem Beruf. Es gibt viele die Code gern selbst schreiben, als den Code eines anderen zu verwenden. Das führt dazu, dass man Zeit verliert die man für sein Thema hätte verwenden können. Es ist allerdings richtig, dass Fehler in Fremdcode, um bei Beispiel zu bleiben, umso ärgerlicher sind. Deshalb benötigt man ein, sagen wir einmal, Vertrauensnetz. Nutze ich die Arbeit eines Anderen, für den eine Anzahl Personen mit ihrem Namen/Ruf bürgen bzw. der sich selbst über seine Arbeit einen gewissen “verbrieften” Ruf aufgebaut hat, so kann ich davon ausgehen, dass ich Material verwende, dass ich selbst nicht besser hätte erstellen können. Damit sowas funktioniert, müssen Leute die “schludern” entsprechend auch an Vertrauenswürdigkeit verlieren, und zwar so, dass es die Anderen merken. Man kennt dieses System z.B. bei digitaler Verschlüsselung (z.B. PGP Schlüssel, die gegenseitig signiert werden) Zurück zum Thema. Ich spiele mit dem Gedanken eine Anwendung zu erstellen die bei der Übersetzung von Texten helfen soll. Das ist allerdings alles noch sehr vage. Eine Einheitliche Fundnummer könnte dies beitragen: - Man kann Artefakte elektronisch validieren indem man, wie bei PGP-Schlüsseln, nach eingehender Prüfung, der Quelle sein Vertrauen ausspricht und damit mit seinem Namen steht - öffentlich einsehbar. - Eine zweite Möglichkeit vertrauenswürdige Quellen zu finden, neben der Veröffentlichung in Fachzeitschriften, würde existieren. - Man kann Funde verschlagworten zur besseren Recherchierbarkeit. - Man kann automatisiert nach ähnlichen Funden suchen. - Man kann automatisiert nach anderen Arbeiten suchen die Bezug nehmen auf einen speziellen Fund. Geleistete Arbeiten in den Museen und Instituten etc. sind auch nicht umsonst. Keinesfalls. Daten die einmal erfasst wurden, können mit großer Wahrscheinlichkeit auch automatisiert migriert werden. Sowas ist technisch ein geringes Problem. Ich bin mir sicher, dass wenn man die alten Kataloge digitalisiert und einfach recherchierbar macht, finden sich bestimmt noch die ein oder andere Überraschung.