Materialvergleich eines Ringes

Sehr geehrte Damen und Herren, es ist nicht oft vorgekommen, dass eine private Person sich bei Ihnen erkundigt. Es geht hier um einen Material-Vergleich mit Hilfe Ihrer Dateien bzw. existierender Archäologie-Objekte. Ein Ring ist das Thema eines Disputes innerhalb eines Klans zwischen zwei Familien. Ein Disput, der schlimm enden kann. Der Ring stammt aus der Bronzezeit. Für die Eingrenzung kann man Norddeutschland annehmen. Die Besonderheit des Ringes ist, dass er geschmiedet wurde. Gibt es eine Möglichkeit mittels der Spektrographie einen Vergleich herzustellen mit existierenden Objekten? Durch den Vergleich kann man den Ring möglicherweise datieren und somit das Problem zwischen den Familien lösen. Der Ring wurde am Fraunhofer Institut für Fertigungstechnik und Materialforschung von Bremen mit den Verfahren Raster-Elektronik und Energie Dispersive Röntgen Analyse bzw. EDX Analysen untersucht. Die Ergebnisse sind beigefügt. Ich bedanke mich für Ihre Zeit und Ihr Verständnis. In der Hoffnung einer positiven Antwort verbleibe ich. Mit freundlichen Grüßen Rudolf MOÉVI v. Hansburg z. Jagdburg. Ring geschliffen.doc (45.5 K:sunglasses:

Nach der Analyse handelt es sich bei dem Material nicht um Bronze (Kupfer-Zinn-Legierung, z.T. mit weiteren Zusätzen) sondern um Messing (Kupfer-Zink-Legierung). Aus den Nahen Osten ist Messing wahrscheinlich seit etwa 3000 v.d.Z. bekannt, gesichert ist die Herstellung seit der griechischen Antike („oreichalcos“). Die Herstellung erfolgte aus Kupfer und Galmei (ein Gemenge aus Zinkcarbonat und Zinksilikat, je nach Vorkommen konnte die Anteile stark schwanken). Da Galmei meist auch etwas Bleicarbonat enthält, findet sich in der Legierung dann typischerweise auch etwas Blei, häufig auch andere Elemente in Spuren oder geringen Gehalten wie Arsen oder Silber. Im norddeutschen Raum ist eine bronzezeitliche Messingherstellung nicht bekannt. Eine römische Messingherstellung wird für den Aachener Raum vermutet (und ist durch die reichen Galmeivorkommen naheliegend), jedoch fehlen sichere Belege. Eine umfangreiche Messingherstellung setzte hier Mitte des 15. Jahrhunderts ein. Auffallend ist die recht hohe Reinheit des analysierten Rings und das Fehlen von Beimengungen oder Spuren von Zinn, Blei, Arsen (die alle mit EDX gut analysierbar wären) oder anderen. Dagegen ist etwas Nickel vorhanden. Ich würde dies eher als Hinweis auf eine neuzeitliche Arbeit sehen. Die Zusammensetzung mit etwa 30 % Zn weist eine gute plastische Verformbarkeit auf (lässt sich also gut schmieden). Eine derartige Zusammensetzung wird häufig für industriell hergestelltes Messing verwendet, schließt aber natürlich eine ältere Herstellung nicht aus (eher das Fehlen typischer Beimengungen). Es stellt sich bei der Analyse aber auch die Frage, wie repräsentativ sie ist, d.h. wie homogen oder inhomogen das Material ist. Die EDX-Analyse erfasst ja nur einen Punkt im Mikrometer-Bereich. Üblicherweise werden mehrere verschiedene Punkte gemessen. Gerade Inhomogenitäten, z.B. kleine Einschlüsse anderer Phasen, geben oft wertvolle Hinweise auf Herstellungstechniken und damit auch z.T. auf Alter und Ort. Ein Artikel, in dem es um die Analyse bronzezeitlicher Objekte geht, und in dem z.B. angebliche bronzezeitliche Beile als neuzeitliche Fälschungen aus Messing identifiziert wurden, ist hier zu finden: [#800080]http://www.tu-clausthal.de/presse/tucontact/2000/November/tuc1/25.pdf[/#800080] mit freundlichen Grüßen, der Stollentroll