Hallo @Farbnarbe ,
ich melde mich jetzt als zweite Frau (und ehemalige Germanistin) zu diesem leider etwas ekalierten Thema zu Wort.
Zugegeben: Das generische Maskulinum führt Denkmuster vergangener kultureller, sozialer und gesellschaftlicher Umstände in den Kopfwelten vieler Menschen fort. Und so ist es leider immer noch notwendig, Frauen sichtbarer zu machen und die Gleichwertigkeit zu betonen.
Die konsequente Umsetzung einer gendergerechten Sprache und Schreibe halte ich in bestimmten Bereichen unserer Gesellschaft also für durchaus wichtig. Aber nicht in einem eher privaten Umgang wie hier im Forum.
Und: Sprache ist in gewissem Sinne leider doch ein „Richtigmachspiel“. Denn Sprache ist ganz tief in unseren Köpfen mit Bildern und Erfahrungen, mit sprachlichen Konventionen verbunden, die sich nicht so einfach verändern lassen.
Indem man einen Plural verwendet, wie bei „Experten“, verschwindet das grammatikalische Geschlecht ja nicht. Ich denke, in fast allen Köpfen erscheinen vor dem geistigen Auge – auch wenn dieser Plural kein bestimmtes Geschlecht hervorhebt – ganz unwillkürlich männliche Personenen. Der Plural ist also nicht per se geschlechterneutral. Ein Plural tendiert dazu, Rollenklischees aufzurufen, die ja eigentlich durchbrochen werden sollen.
Richtiger in meinen Augen wäre es also, sich beim Sprechen oder Schreiben die Mühe zu machen, in diesem Fall „Experten und Expertinnen“ zu sprechen oder zu schreiben. Oder, wenn man auf überkommene Höflichkeit zurückgreifen möchte: „Expertinnen und Experten“.
Wirklich geschlechterneutrale Personenbezeichnungen sind nicht immer leicht zur Hand. Am ehesten, wenn man auf ein Verb oder Adjektiv zurückgreifen kann: „Mitarbeitende“, „Interessierte“.
Ganz heikel wird es, wenn beim Gender-Asterisk oder dem Gander-Gap plötzlich das männliche Geschlecht verschwindet: „Expert-Innen“, „Ärzt-Innen“. Ich frage mich, wann es in diesem Zusammenhang ein Aufbegehren geben wird.
Sprache ist komplex, weil über Jahrhunderte gewachsen. Die gegenwärtigen Eingriffe empfinde ich oft als holperig und unzulänglich. Eine tatsächliche Gleichstellung und Gleichbehandlung aller Geschlechter im täglichen Leben bewirkt viel mehr – und verändert viel mehr in den Köpfen. Das ist aber eine gesellschaftliche und politische Aufgabe. Und ich denke, da sind wir auf einem guten, aber noch mühsamen Weg.
LG Barbara