Fragment eines Objekts aus Zöblitzer Serpentinit

Hallo,

dieser Fund überraschte mich sehr. Auf den ersten Blick sah es aus wie ein Bruchstück eines starken Rohres. Bei näherer Betrachtung sah ich aber die für den Zöblitzer Serpentinit recht typischen Einschlüsse https://www.mineralienatlas.de/lexikon/index.php/LokationMineralBilder?lokationid=8946&recurse=1 . Keramik würde ich ausschließen. Oder kennt jemand eine solche? Meliorationsrohre sehen hier anders aus!
Unweit habe ich auch schon einen kleinen Mörserstößel aus diesem Gestein gefunden. Nun ist Zöblitz aber doch ca 100 km entfernt.
Das hier vorliegende Fragment hätte aber zu einem Gefäß mit etwa 70 cm Durchmesser gehört. Das muss ein recht großer Pott gewesen sein. Die Wandungsstärke schwankt leicht zwischen 12 mm und 13 mm. Auch der Rand ist nicht perfekt beschliffen. Auf Grund der Patina gehe ich davon aus, dass das Stück schon über 100 Jahre in der Erde liegt. Ist aber nur ein Gefühl, kenne ich mich mit dem Gestein doch kaum aus.

Viele Grüße

 

 

 

An dem Mörserstößel klebt ein Magnet, die Scherbe weist die gleiche magnetische Eigenschaft auf.

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Hallo Sven,

der Serpentinit wurde auch schon recht gerne im Endneolithikum, beispielsweise im Passauer Raum aber auch in Linz für die Beilherstellung verwendet. Aus dem Material sind einige sogenannte Linzer Prunkäxte aus einschlägiger Literatur bekannt. Das gerade dieses Gestein stärker magnetisch ist war bekannt und gilt mitunter auch als Identifikationsmerkmal desselben.

Bucentaur

 

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Hallo Bucentaur,

dass Serpentinit schon im Neolithikum als Rohstoff genutzt wurde, ist mir wohl bekannt. Stücke aus der Zöblitzer Varietät sind mir noch nicht untergekommen. Tatsächlich stammt das Stück aber von einer bandkeramischen Fundstelle. Da fand ich gerade auch ein Dechselklingenfragment und einen Bohrkern aus Aktinolith-Hornblendeschiefer. Denoch denke ich bei dem oben gezeigten Fund nicht an ein neolithisches Artefakt, eher an 17./18. Jahrhundert (nach Christus!). Dieser AHS zeigt übrigens ähnliche magnetische Eigenschaften auf, in unterschiedlicher Intensität.

Viele Grüße 

 

Fragment einer Dechselklinge

und

Bohrkern einer neolithischen Hohlbohrung:

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Das Thema ist schon über vier Jahre alt. Ich habe aber an der Stelle wiederum ein Fragment aus diesem charakteristischen Gestein gefunden. Das Besondere daran ist das Bohrloch. Die Bohrung wurde offensichtlich seitlich schräg in das Stück getrieben, welches auf drei Seiten Schliff aufweist. Als Scherbe kann man es wohl kaum noch bezeichnen, weist es doch eine Stärke auf, die sich von 3,5 cm auf 2,4 cm am Rand (dritte Fläche mit Schliffe) verjüngt. Es scheint auch keine Rundung aufzuweisen. Falls es mal zu einem Gefäß gehört haben sollte, wäre dieses sehr groß gewesen. Lediglich der Rand weist eine leichte Krümmung auf, so, dass man an eine große Platte denken könnte.
Aber was ist das für ein Loch? Es begann auf einer der geschliffenen Flächen und endet schräg im Gestein, lässt auf einen eher spitzen Bohrer denken, wobei die Riefen der Gestalt sind, wie ich das von neolithischen Bohrlöchern kenne, allerdings ist das Loch recht klein im Vergleich zu diesen meist hohl gebohrten Löchern in Hiebgeräten.
Bei der Datierung denke ich nun doch in Richtung Bandkeramik, wegen der vielen Funde dieser Kultur an diesem Ort. Auch wurde meines Wissens der Serpentinit von Zöblitz gedrechselt, was auf zwei der im Beitrag gezeigten Stücke nicht zutrifft. Der Mörserstößel wiederum ist sicher gedrechselt und neuzeitlich. (Ein solcher Pistill ist in “Archäologie in Sachsen-Anhalt” 3/05 S.50 publiziert.)

Bohrung 2

Über eure Meinung dazu würde ich mich sehr freuen.
Viele Grüße

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Hallo Sven.

Kannst du ein Bild von der Oberkannte von Fläche 2 posten? Wie sieht der Rand aus? Ist er geschliffen?

Könnte ein Reibe- oder Mahlstein sein - oder hätte ein solcher werden sollen. Die Bohrung könnte als Halterung für einen Holzgriff gedacht gewesen sein. Möglicherweise traf sie auf eine Schwachstelle im Gestein und das Stück brach auseinander.

lg Uwe

Hallo Uwe,
vielen Dank für deine Antwort!
Beide hier gezeigten Flächen (1 und 2) sind
geschliffen und plan. Sie sind aber sehr zerrüttet. Die Idee mit der Reibplatte ist gut. Aber ein Loch von 5 mm hätte doch keinen Griff aufnehmen können, es sei denn, man wollte dieses noch erweitern. Dann sollte es aber doch rechtwinklig zur ebenen Fläche sein. Es ist aber im Winkel von ca.45° eingetrieben worden.
Dass der Stein an der Stelle gebrochen ist, wo das Loch ist, macht schon Sinn, ist so ein Loch ja eine Materialschwächung und somit eine Sollbruchstelle. Eventuell sogar zu diesem Zweck gebohrt? Würde ich an der Stelle und in dem Winkel aber auch nicht verstehen.
Ich würde auch das Gestein für wenig geeignet für einen Reibstein halten. Wie die Stößel zeigen, hat man es aber doch für solche Zwecke verwendet.
Viele Grüße

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Hallo Sven.

Natürlich wäre das Bohrloch die Vorbohrung gewesen, die dann mit größeren Bohrern erweitert werden sollte.

Dass das Bohrloch in einem Winkel gebohrt ist, muss nicht dagegen sprechen:

image

Das hängt immer vom Typ ab…

lg Uwe

Ja, das sieht gut aus!
Ich werde mich mal mit dem Museum in Zöblitz in Verbindung setzen, hoffentlich gibt es da jemand, der etwas dazu sagen kann. Bis jetzt konnte ich auch nur herausfinden, dass das Gestein ab dem 16. Jahrhundert verwendet wurde. Hat man da noch solche Mühlen verwendet? Und wie hat man damals gebohrt? Noch mit einem Schleifmittel, welches solche Spuren hinterlässt?
Typisch sind diese Art der Mühlen doch für die Römer, oder? Die waren hier eigentlich nicht.
Viele Grüße

16.Jhd. ist etwas spät. Da gab es schon die Spezialisierung und die Leute haben nur selten noch selbst gemahlen. Andererseits könnte es als Handmühle für Lager gedacht gewesen sein. (30-jährg.Krieg).

Nicht nur die Römer haben diese Art Handmühlen verwendet. Durch Handel und auch die Kriege kam es immer zu einem technologischen Austausch.

Bohrungen wurden ähnlich gemacht, wie man Feuer mit zwei Holzstöcken machte:

An die Spitze der Spindel wurde ein Splitter aus hartem Gestein befestigt, um das weichere Gestein zu durchdringen. Dazu kam Schlämmung aus feinem Sand und Wasser, daraus resultiert die saubere Wandung der Bohrung. Allerdings funktioniert das nur mit “weichen” Gesteinen, wenn die “Bohrspitze” aus “hartem” Gestein ist. Serpentinit hat eine Härte von 2,5 bis 4, je nach Typ. D.h. Die Bohrspitze müsste schon 7-8 haben… Vielleicht war das der Grund, warum der Rohling bei der Bohrung brach…

Vielen Dank für die bildliche Darstellung des Bohrens! Das mit der Bohrung im Neolithikum ist mir schon klar. Das waren dann meist Hohlbohrungen, wie die Bohrkerne als Rest deutlich veranschaulichen. Aber wurde im 16. Jahrhundert auch noch so gebohrt?
Und wegen der recht geringen Härte von Serpentinit würde ich ihn als Mahlstein für ungeeignet halten.
Die Verwendung in der Frühneuzeit als Mörser kann auch der alchimistischen Bedeutung des Serpentinit zugeschrieben werden.
Winfried Thoma schreibt dazu in “Archäologie in Sachsen-Anhalt 3/05”:
Dem Serpentin, einem mineralischen Gestein von grünlicher oder brauner bis schwarzer Farbe, wurde schon in der Antike Zauberkräfte zugeschrieben. … In der Frühneuzeit glaubte man, hieraus gefertigte Gefäße würden Gift unwirksam machen oder zumindest anzeigen." Neben dem Pistill wurden da (Halle/Saale) noch ein Bodenfragment eines auf der Drehbank gefertigten Kruges und ein Handwärmstein gefunden.
Er schreibt auch, dass der Serpentinit vermutlich schon im 15. Jahrhundert in Zöblitz abgebaut und verarbeitet wurde. Unter anderem zu Wärmsteinen, die wegen der Fähigkeit, Wärme zu speichern, in der Medizin Verwendung fanden.
Übrigens denke ich nicht, dass ein so großer Unterschied in der Härte des zu bohrenden Gesteins und dem Schleifmittel bestehen muss.
Viele Grüße

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Im 16.Jhd. wurden wohl schon metallische Bohrkerne verwendet. Sogenannte Schneckenbohrer waren bereits in der Antike bekannt. Das wären dann Lochbohrer gewesen und keine Fräsen, die Bohrkerne erzeugen. Deshalb auch erst die Vorbohrung, die bei der Hohlfräse nicht notwendig wäre.

Aber das ist alles Theorie. Es ist schwierig, anhand eines einzelnen Bruchstücks Form und Zweck des ursprünglichen Werkstücks zu erkennen. Aber interessant ist es immer. :wink:

Nun habe ich doch tatsächlich an besagter Stelle ein weiteres Randfragment, zum erst gezeigten Stück passend, gefunden. Der Zustand ist schlechter, das Gestein und der Schliff aber eindeutig.

Das hilft mir bei der Bestimmung aber auch nicht weiter, bestätigt nur wieder den großen Randdurchmesser des Stückes.
Auf meine E-Mail an das Zöblitzer Museum hat leider noch niemand geantwortet.
Viele Grüße

Hallo Sven

Voraus gesetzt die Teile gehören zusammen, weist die Bogenform wohl mehr auf ein Gefäß hin. Auf dem größeren Stück scheint eine Art Relief zu sein. Sind die blauen Flecken Steine oder Farbreste?

lg Uwe

Hallo Uwe,

die blauen Flecken sind zersetze vormals rote Granate, die auch wesentlich an Härte verloren haben.
Zum Zöblitzer Serpentin: Zöblitzer Serpentin – Wikipedia
Die Struktur, die du als eventuelle Art Relief ansprichst, sind leider nur Kratzer.
Ich schätze den Randdurchmessers des Gefäßes nun auf 80 cm und wenn der Rand eben war, hätte das Gefäß auch noch etwas ausgebaucht.
Viele Grüße

Guten Morgen Sven

80cm Durchmesser sind ein Haufen Holz. Selbst wenn das Stück nur ein Halbbecken wäre, wären es immer noch 40cm. Da es scheinbar verziert war, wird es in gewisser weise eine repräsentative oder sakrale Bedeutung gehabt haben. Z.B. sowas wie diese:

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Nur eine Idee.

lg Uwe

Hallo Uwe,

danke für die Bilder! An Weihwasserbecken, Taufbecken oder Brunnen habe ich auch schon gedacht. Auch Kamin käme in Frage.
Mich verwundert aber die recht geringe Stärke der zwei Fragmente, die ja von einem Stück zu stammen scheinen. Aber vielleicht war das ja Ursache einer Zerstörung und Entsorgung der Reste? Ich bin gespannt, was da in den folgenden Jahren noch kommen wird.
Viele Grüße

Ja, irgendwie ist dein Fund etwas “mysteriös” :wink: Einerseits der - vermutlich - große Radius, andererseits die relativ dünne Wandung. Für ein Küchen- oder Haushaltsgefäß zu groß, für ein Taufbecken o.ä. eigentlich zu dünn.

Wäre interessant, wenn sich die Fachleute mal bei dir melden würden.

lg Uwe

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Durch eine Anregung eines befreundeten Archäologen, der mich auf Wärmsteine - auch zum Auflegen - aus diesem Gestein hinwies, habe ich mich noch einmal mit den Fragmenten beschäftigt.
Dieses Stück mit der Bohrung scheint zumindest von einem solchen Wärmstein zu stammen:




Das erklärt zwar noch nicht die schräge Bohrung, diese könnte aber der Mittelpunkt des Steines und zur Aufnahme einer Befestigung für einen Griffring gewesen sein. Der Stein hätte dann eine lang-ovale Form gehabt und wäre ca. 18 cm breit gewesen, bei einer Stärke bis zu 3,5 cm. Ein Vergleichsstück fand ich hier:
Wärmstein - Kulturerbe Niedersachsen :+1:
Wärmstein Niedersachsen
Auch die wesentlich dünneren Fragmente könnten zu einem Wärmstein zum Auflegen gedient haben, die Form würde sich wunderbar an (meinen) Bauch anschmiegen. :blush:

Für Interessierte an der Geschichte des Zöblitzer Serpentins:

zum kostenlosen lesen.

Viele Grüße