Archäologie als Beruf?

Hallo,

Ich bin derzeit Schülerin in der 11. Klasse. In knapp 2 Jahren steht bei mir Abitur an und langsam sollte man anfangen, sich Gedanken über die berufliche Zukunft zu machen. Seit etwa anderthalb Jahren spiele ich mit dem Gedanken, Archäologie zu studieren.

Es wäre sehr hilfreich, wenn ein paar Archäologiestudenten oder arbeitenden Archäologen von ihren Erfahrungen berichten könnten und schreiben könnten, ob sie von ihren Erwartungen enttäuscht wurden oder ob sie ein Archäologiestudium empfehlen können :-)habe erfahren, dass es problematisch ist, später einen unbefristeten Arbeitsplatz zu erhalten.

Stimmt, die Arbeitsplatzsuche ist ziemlich kompliziert, gerade wenn man im wisschenschaftlichen Bereich bleiben möchte. Was erwartest du dir denn von einem Studium der Archäologie? Wie stellst du dir den Beruf  vor?

Ich hatte erstmal gehofft, dass ein paar Leute über ihre Erfahrungen schreiben, da ich sehr viel Negatives gelesen habe. Die Frage war sehr allgemein ausgelegt, da mein späterer Beruf noch nicht feststeht. Eine richtige Vostellung habe ich noch nicht, aber ich denke dass es viel mit Sichten und Analysieren und Ausstellen von Fundstücken zu tun hat.

Hallo, lieber archaeologist.

Zum Thema der späteren Berufswahl kann ich Dir sagen, dass sicher die Mehrheit der fertigen Archäologen nicht(!) an der Uni oder im Amt unterkommen. Hier sind Verbindungen, ein Gönner und Bestnoten mit Promotion oft die einzigen “Türöffner” für Frischabsolventen.

Neben einer (seltenen) Anstellung bei Museen oder Sammlungen bleiben fachnah noch die privaten Grabungsfirmen, die es in einigen Bundesländern (so z.B NRW, Bayern oder seit 2016 BaWü) gibt. Hier sind die Chancen momentan recht gut, eine Stelle als Grabungsarbeiter zu bekommen -auch für Anfänger. Der Haken: sowohl Arbeitsbedingungen als auch Gehälter sind oft indiskutabel. Da die Firmenarchäologie primär gefördert wurde, um den Ländern Kosten zu sparen, befinden sich die diversen Dienstleister oft in einem Wettkampf um das billigste Angebot für eine ausgeschriebene Rettungsgrabung. Gespart wird dann bei Ausrüstung und Gehältern der Mitarbeiter. Die Spanne reicht hierbei für Absolventen mit Abschluss von Mindestlohn (bei einigen echten Ausbeuterbuden) bis ca. TV-L 6-11 ( also 2300 € bis 2700 € Brutto bei 40h/Woche bei einigen wirklich fairen Firmen in Süddeutschland). Mit Erfahrung und Leitungsstellen kann man auch über die 3000 kommen, ein Regelgehalt ist das aber leider nicht.

Generell aber sollte nichts unterhalb der 13€ Stundenlohn angenommen werden.

Die Arbeit in den Firmen ist naturgemäß nicht immer einfach. Da Rettungsgrabungen immer zu Kosten des Grundstückeigentümers gehen, wird ständig Druck gemacht, wann denn die “blöden Archäologen” endlich fertig sind und viele Grabungsleiter lassen sich davon auch einschüchtern und fahren ein entsprechendes Tempo.  Die Arbeit an sich ist nicht minder hart: Es müssen oft viele Kubikmeter Erdreich und Stein bewegt werden und das oft klassisch per Schaufel, Pickel und Schubkarre wo der Bagger nicht kann- notfalls auch 6 Stunden am Stück bei Wind und Wetter. Natürlich kommt Fachwissen dann bei der (Be)funddokumentation und Vermessung zum Tragen, zeitlich kann man aber etwa 30% hartes Malochen einplanen, wie es selbst Bauarbeiter heute selten noch per Hand tun.

Meine Empfehlung wäre, Dir auf jeden Fall ein zweites Standbein zu suchen und nicht 100% auf Archäologie zu gehen. So kannst du in Teilzeit dein Fachwissen vertiefen und nebenbei in anderen Branchen Fuß fassen, bis die Zeiten in der Archäologie besser werden.

Immerhin war auf der diesjährigen DGUF Tagung das Thema “Arbeitsbedingungen und Berufsverband” ganz groß in der Debatte und es finden momentan Bestrebungen seitens Ver.di, dem englischen ClfA und einiger Firmeninhaber statt, endlich einen Arbeitgeber- und Berufsverband zu gründen, über die dann auch endlich Tarifverträge verhandelt werden können.

Bis dahin ist die Archäologie als alleiniges Standbein m.E. eine “Hochrisikokarriere”.

 

Gruß,

 

 

 

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Hallo, es ist sicher nicht einfache, eine Arbeit in diesem Beruf zu finden. Persönlich würde ich in privaten Grabungsfirmen eine  Arbeit suchen, wenn ich meine Karriere erst anfangen würde. Alles Gute!