Moin Hannes & @ll,
danke für Deinen Nachtrag Hannes. Zumindest mich langweilst Du nicht; zudem gibt es sicher viele die einfach nur mitlesen und aus solchen Diskussionen, so hoffe ich jedenfalls, etwas mitnehmen.
Ich gebe Dir recht, die heutigen Flintknapper sind ebenso Künstler, wie unsere Altvorderen. Die, die damit angefangen haben und den Feuerstein bis zur vollkommenen Kunstfertigkeit bearbeiten konnten.
Meine paar eigenen Versuche erwähne ich lieber nicht…
Aber wir dürfen diese Prunkstücke des heutigen wie damaligem Flintknapper nicht mit den Werkzeugen des Alltages gleichsetzen.
Ebenso dürfen wir die Werkzeuge, die aus gezielter Grundformproduktion hervorgehen, nicht mit allen anderen vergleichen - auch nicht deren Herstellungsablauf.
Gemeint sind sogenannte “Ad Hoc-Werkzeuge”, eine unklare Gerätegruppe, die als solche per se kaum zu erkennen ist.
Nun noch einmal zu meinem “Miststück”, wie ich es immer gerne nenne, wenn ich unsicher bin.
Hier trifft es zu, wie Du (Rogue) schreibt, dass die oben genannten Merkmale, Bulbus, Wallnerlinien und Dorsalreduktion fehlen.
Es ist nicht zwingend notwendig, dass ein Artefakt diese Merkmale aufweisen muss. Für die Bestimmung sind sie allerdings sehr hilfreich und sehr erwünscht.
Bei der gezielten Produktion von Grundformen sind die häufigsten Abschlagmerkmale Schlagflächenrest, Bulbus und Wallnerlinien, meist vorhanden. Vielfach sind aufgrund nachträglicher Modifikation Retuschen vorhanden.
Gelegentlich sind Schlagpunkte auf den Schlagflächen, Schlagnarben am Bulbus oder Lanzettsprünge auf den Abschlagbahnen erkennbar.
“!” Die meisten Merkmale, die durch Schlag oder Druck auftreten, können sowohl mit Absicht vom Menschen, als auch durch natürliche Prozesse ähnlich entstehen.
Das ist das, was die meisten wissen. Um den fachlichen Kenntnisstand der hier anwesenden User kann ich mir (noch) kein Bild machen. Dazu bin ich zu kurz hier und kenne die meisten nicht. Daher ist das Folgende weder als Belehrung noch als Klugsch3i§erei zu sehen. Als Hobbyist bin ich ja auf das Geschriebene angewiesen.
In der Artefaktmorphologie, J. Hahn 1993 , führt Hahn Definitionen von Grundformen auf (BORDES 1961; BOSINSKI u. LUTTROP 1971 et al):
Klinge, Abschlag, primäre/sekundäre Kernkantenklinge, Kernscheibe, Präparationsabschlag, Kern, Trümmer, Frostaussprung (unvollständige Aufzählung).
Eine weitere Grundform sind Grundformproduktions- Abfälle. Da sie nicht gezielt abgeschlagen wurden, fehlen natürlich die typischen Merkmale.
…
Steinartefakte vom Altpaläolithikum bis in die Neuzeit, Harald Floss 2012****.
Kapitel 57, Grundformproduktion und -verwendung im späten Mesolithikum, Seite 560
Zitat Birgit Gehlen:
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Abschläge
Neben den Geräten aus sog. regelmäßigen Klingen kommen in spätmesolithischen Inventaren auch Abschlaggeräte vor. Diesen wird – da optisch verhältnismäßig wenig attraktiv – bei den Bearbeitungen relativ wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Eine Diskussion der Grundformen für die Abschlaggeräte fehlt in der Regel und abgebildet werden nur wenige Stücke, deren Auswahlkriterien nicht transparent gemacht werden.
[…]
Man hat besonders stabile und schwere Grundformen für diese Geräte ausgesucht, sie aber wahrscheinlich nicht gezielt hergestellt, da solche Objekte immer bei der Grundformproduktion anfallen. Vermutlich handelt es sich um Werkzeuge, mit denen Holz oder ähnlich hartes organisches Material bearbeitet worden ist.
Vergleichbare Geräte kommen wohl in vielen Inventaren vor, werden aber bisher kaum beschrieben, da sie den Autoren wohl typologisch uninteressant erscheinen.
Zitat Ende.
…
Ich will mir ja selber kein X für ein U vormachen, aber ich habe noch weitere ähnliche solcher “Miststücke”.
Gruß
Jürgen