Die Bernsteinstrasse

Ich habe mir gestern während einer langen Bahnfahrt das neue Sonderheft “Die Bernsteinstrasse” der AiD gegönnt. Beim lesen kamen mir eine Frage die ich hier zur Diskussion stellen möchte. In dem Heft geht man von Handelswegen (jenseits der römischen Grenze) die sich an den Flußtälern orientierten aus (z.B. Karte auf der Seite 48). Exakt ob damit in den Flußtälern verliefen gemeint ist oder ob eine Richtungsorientierung damit bezeichnet werden soll ist nicht zu 100% klar gestellt. Zugleich wird festgestellt das es zuwenig Funde gibt um den Verlauf zu belegen. Ich frage mich ob der Denkfehler in der Orientierung an den Flüssen liegt. Flußniederungen (zumal im Flachland) sind morastisch, sumpfig kurz schwer begebar. Flußläufe ohne menschlichen Eingriff ohne starkes Gefälle sind oft schwierig zu befahren, da sie zum Verlanden neigen. Auch wäre eine solche Route nur in eine Richtung (mit der Strömung) von Vorteil gewesen. Aus Sachsen (z. B. bezüglich der Wege nach Böhmen) weis ich das alte Wege in der Regel über trockenes Gelände führen und Flußtäler meist nur so kurz als möglich nutzen, oft nur queren. (Vgl. K.Simon und K.Hauswald "Der Kulmer Steig vor dem Mittelalter"AFD Nr. 37 (1995). Kann es also sein, dass die Fundleere eigendlich der Hinweis ist die Wegeführung in trockneren Gelände zu suchen? Was denkt Ihr dazu?

Moin, habe das Sonderheft noch nicht gelesen, aber ich will trotzdem mal antworten. Es ist durchaus nachgewiesen, dass Flussläufe DER Handelsweg schlechthin waren. Wenn es ging, wurde Ware auf dem Schiff transportiert. Nicht umsonst lagen so gut wie alle wichtigen Handelszentren an Flüssen oder mit Zugang zum Meer. Was das Gefälle des Flusses damit zutun hat, weiß ich jetzt aber nicht? Klar mäandrieren Flüsse, aber Wege müssen auch gepflegt werden. Man hat diese Flüsse auch nicht mit unglaublich tiefgängigen Schiffen befahren, sondern mit kleinen, flachen Booten, bis in die Neuzeit wurden sogar Einbäume benutzt. Die meisten “Häfen” bestanden da aus Schiffsländen, wo die Schiffe einfach draufgezogen wurden. Daher wäre auch eine Sandbank kein größeres Problem. Die Wikinger sind über die Flüsse bis ins Schwarze Meer gefahren…in Beide Richtungen. Flussauf musste man eben rudern, wenn er Wind nicht passend kam, später wurde dann auch getreidelt, solche Treidelpfade sind zum Teil immernoch an den Flüssen zu sehen. Ab wann das gemacht wurde, weiß ich gerade nicht, ist aber auch schwer zu belegen. Mit der Orientierung kann aber auch einfach gemeint sein, dass die Handelswege nicht “quer” dazu verlaufen, sondern der Richtung des Flusses folgen (z.b. auch römische Straßen). Warum? Weil es einfacher ist, in relativ gleich bleibendem Gelände z.b. dem Flussverlauf Nord-Süd zu folgen (unabhängig davon, ob man jetzt auf dem Fluss, in der Aue oder oben auf dem Hügelkamm läuft), als das Gelände zu queren. Dann musst du: Hügel hoch, Hügel runter, durch die Flussaue, über den Fluss, wieder durch die Aue, wieder Hügel hoch, wieder Hügel runter (etc.). Das gilt vor allem für sehr hügelige/bergige Regionen. Da quält sich mein Mensch die Berge hoch, wenn er es auch einfacher haben kann.

Wenn man Waren auf Karren transportiert sieht es schon anders aus. Die alten Wegenetze waren allesamt Höhenwege welche Talniederungen mieden. Nur zur Flussquerung über Furten wurden die versumpften Auen begangen. Das sieht man wunderbar bei großen ost-west-verlaufenden urgeschichtlichen Handelswegen. Der archäologische Nachweis derselben ist allerdings fast unmöglich. Lediglich Gräber und spätere Aufzeichnungen z.T. aus dem 9. Jahrhundert sind “Krücken”. Wie ist der Flusstransport in Mitteleuropa/Deutschland nachgewiesen?

Hallo Pygmalion,

Kannst Du das ein wenig untersetzen? Ich kenne diese Aussage auch für die Elbe in der Frage der Verbindung Mitteldeutschland/Böhmen (z.B. so von R. Spehr vertreten) und ich kenne auch die Kritik daran (z.B. K.Simon). Für den (erst im Mittelater so genannten) Kulmer Steig z.B. lässt sich an Hand von Gräbern und anderen Funden (außerhalb des besiedelten Gebietes!) durchaus ein Höhenweg rekonstruieren. auch das Elbtal weist Befunde auf, dass ist richtig, aber es ist strittig ob diese als Beweis für eine primäre Nutzung des Flußes für den Handel ausreichen. Das wir uns vorzeitliche Wege, als Wegebahnen und eher Pfade für maximal eine Tragtiernutzung vorzustellen haben ist klar.