Altes Pergament - welche Sprache?

Liebe Forumsfreunde, in einem Büchlein von ca. 1770 wurde zur Versteifung des Umschlags altes, beschriebenes Pergament(?) verwendet. Habe die Schrift mit der Lupe betrachtet, es bleibt mir aber ein Rätsel (weil ich leider keine Kenntnisse in diesem Bereich habe). Hier ist ein Scan, der zwei Stücke zeigt. Ich würde mich sehr freuen, wenn mir jemand sagen könnte, um welche Sprache es sich handelt, und ob man anhand der Schrift einen groben Rückschluss auf das Alter ziehen könnte.

Ich leite deinen Scan an die Historiker weiter und vermute mal, ich kann dir dann im Verlauf der nächsten Tage was dazu sagen.

Vielen, herzlichen Dank! Das wäre echt schön. Freue mich sehr.

Hallo Bert_2, ich bin zwar kein Experte, aber evtl. ist auf dem großen Pergament, das erste Wort in der dritten Zeite als “wisset” zu entziffern/lesen (?). Könnte sich also um Deutsch handeln…ist aber relativ frei geraten.

Danke. Hier ist noch ein Scan, der vielleicht etwas deutlicher ist.

ich glaube, das sind Karolingische Minuskeln.

Danke! Freue mich sehr über jeden Hinweis. Laien-Frage: der Buchstabe “i” hat hier (sofern ich es als Amateur erkennen kann) ein i-Punkt, der bei karolingischen Minuskeln angeblich fehlen sollte (finde ich so im Internet), und der Buchstabe “a” müsste (als karol. Min.) dann oben noch einen Strich haben. Ist das richtig? Jemand schrieb mir heute, es könnten gotische Minuskeln sein, war sich aber auch noch nicht sicher. Ich schaue mir verschiedene Info-Seiten über diese Schriften an und versuche, ein Wort in ganzer Länge richtig zu entziffern, was mir aber mangels entsprechender Kenntnisse kaum gelingt.

NEIN, Gott bewahre! Es handelt sich hier um eine mittelalterliche Buchhandschrift, geschrieben auf Pergament. Die Sprache ist Latein. Es werden sehr viele Ligaturen genutzt, deswegen ist das lesen des Textes sehr schwierig, sofern man die entsprechenden Ligaturen nicht kennt. Es handelt sich um eine sogenannte gebrochene Schrift, d.h. die Buchstaben werden nicht per Linie durchgezogen, sondern durch einselne zusammengesetzte Linien, Bögen etc. zusammengesetzt. Wenn sie genau hinsehen erkennen sie dass die Buschstaben aus Einzelelementen bestehen. . In ihrem letzten Scan können sie in Zeile 1wort 1 das Wort nobis lesen. Hier ausgeführt als nob mit Kürzungsfähnchen am b. dies ist eine übliche Praxis, um den Text für den geübten Leser zu kürzen und Pergament zu sparen. in Zeile 7 Wort 3 erkennen sie ein stark gekürztes omnibus , hier als “omibz” gekürzt. Zum Vergleich: Hier ein ergoogletes Beispiel karolingischer Minuskel. Hier ein Bsp. gotischer Buhschrift auf Deutsch: Man muss sagen dass die Erhaltung ihres Textes es nicht eifnach macht, zudem ist die Schrift nicht die sauberste und es sind wirklich äusserst viele Ligaturen im Text. Nett, dass hier sowas mal auftaucht! Mag Paläografie sehr gerne. Leider grad keine Zeit um mich damit zu beschäftigen, deswegen meine Schuss-aus-dem-Ärmel Datierung: 13.Jh. Gruß Melchior

@ Melchior: Toll! Ganz vielen, herzlichen Dank! Ja, das passt genau … Bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie sich die Zeit genommen haben. BTW, der schlechte Erhaltungszustand kommt daher, weil das Pergament ringsherum vollflächig überklebt war. Es wurde zerschnippelt und nur zur inneren Versteifung des Buchdeckels verwendet, es war also eigentlich völlig unsichtbar. Aufgrund des Alters des Buchs (ca. 1770) hatten sich dann ein paar Quadratmillimeter der Außen-Überklebung an einer Ecke gelöst, und so kam die Entdeckung und Neugier: Was steckt dahinter? Und dadurch kam es so zum Vorschein, wie ich es hier gescannt habe. Wie man im 2. Scan sieht, ist die grafische Gestaltung der Rückseite dieser Pergament-Fragmente, die an einigen Stellen durchscheint, anscheinend noch viel schöner, aber die klebt leider noch immer ganz fest und lässt sich nicht zerstörungsfrei abheben. So bin ich nun also ganz unverhofft in den Besitz von drei mittelalterlichen Pergamentfragmenten gekommen und freue mich sehr. Nun weiß ich, in welche Richtung ich weitergehen muss. Fazit: Es lohnt sich anscheinend, Buchdeckel zu untersuchen und zu durchleuchten :slight_smile:

Dass es sich um Latein handelt wurde ja schon geschrieben und ist auch mein erster Eindruck. Das Schriftbild ähnelt bereits den Wiegendrucken der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Ich würde die Seiten deshalb nicht ins 13. Jahrhundert sondern um 1400 setzen. Damals wurde mit Eisengallustinte geschrieben. Es ist daher nicht nötig die Seiten abzulösen und weitere Schäden zu riskieren. Einfach den Einband röntgen lassen, dann ist die Schrift hervorragend zu sehen.

Danke! Werde mich über Wiegedruck informieren. Spannend. Röntgen: Gäbe es da nicht eine total unlesbare Überlagerung von 3 Texten auf dem Bild? (Pergament Vorderseite + Pergament Rückseite + angeklebte neuzeitliche Buchseite)

Der Text der neuzeitlichen Druckseite wird bei entsprechender Röntgenspannung durchstrahlt und ist unsichtbar. Ich gehe mal davon aus dass ganz normale Druckerschwärze verwendet wurde. Beim Pergament gibt es eine Überlagerung, da hast Du recht. Das hatte ich nicht bedacht. Die Texte sind leider nahezu deckungsgleich, das macht es nicht einfacher. Wenigstens ist immer einer spiegelverkehrt. Das könnte bei der Unterscheidung helfen. Der auf der Vorderseite ist zudem “bekannt” und zudem schlechter erhalten während der verdeckte vielleicht sogar noch vollständig ist. Das kann auch nützlich sein sie zu unterscheiden. Es käme auf einen Versuch an, immerhin ist Röntgen zerstörungsfrei.

Wollte nur sagen: Habe noch keine Informationen bekommen. Blöd. Ich hake morgen nach und melde mich, sobald ich etwas weiß.

Vielen Dank für Ihre Mühe!