Landmarken, Anlage im Wald

Hallo, ich suche Informationen zu einem Thema, weitab von Atlantis, Ägypten etc. - nämlich aus meiner schwäbischen Heimat. Hört sich erst einmal nicht spannend an, könnte es aber dennoch sein/werden. Seit einem Jahr bin/war ich u.a. unterwegs, um Grenzsteine zu erfassen - hauptsächlich dann, wenn keine Felder abgelaufen werden können :slight_smile: Hierbei gelange ich manchmal in Gebiete, welche augenscheinlich noch nie ein Mensch zuvor betreten hat.:wink: So stieß ich nichtsahnend letztes Jahr auf eine wahrlich seltsame Anlage, gelegen in unwegsamem Gelände. Dabei muss man sagen, dass diese Anlage - oder was immer es sein könnte - auf einem Gebiet liegt, welches im Frühmittelalter (erste urkundl. Nennungen 2. Hälfte 8. Jdht) einmal zum Kloster St. Gallen gelangte und das angrenzende Gebiet zum Kloster Lorsch (wo damals die “Grenze” verlief lässt sich natürlich nicht mehr feststellen). Auch unser seit Jahrzehnten im Kreis tätiger Beauftragter für Denkmalschutz, kannte diese Struktur noch nicht und konnte sich bei einer Begehung keinen Reim darauf machen. Hier nun die Beschreibung der “Anlage”: Es handelt sich um eine ca. 30 x 20 Meter im Wald - direkt vor einem Steilhang - gelegene Struktur, welche einen kleinen Graben (1,80 tief, 2,50 breit) mit Wall hat, der dann in ein Plateau übergeht, welches sich bis zur Hangkante hin erstreckt. 3 Meter unterhalb der Hangkante verläuft parallel eine Mauer mit lose aufeinander gesetzten Steinen - ohne Mörtel. Die Mauer ist teilweise zerstört, teilweise noch gut sichtbar und 1 - 1,30 Meter hoch und war einmal ca. 25 Meter lang. Folgt man dem Hang nun bis zur Sohle, so stößt man dort auf eine Art “Steinzunge” welche an einen alten Weg heranragt. Diese Steinzunge ist max. 3 Meter hoch und schmiegt sich - einen Halbkreis bildend - an den Hang an. Seitlich von der Zunge wegführend, sind ebenfalls Mauerstücke erkennbar. Funde (Keramik) liegen übrigens nicht vor, auch in der örtlichen Literatur/Archiven ist nichts auffindbar. Der Weg, an welchen die Zunge heran ragt, ist ein alter Verbindungsweg, von einem Seitental eines Flusses auf die Hochebene. Vor der “Zunge” ist auch ein Grenzstein erkennbar, welcher aber keine heute mehr bekannte Grenze markiert. Ich hoffe, ich konnte es einigermaßen verständlich erklären (was mir nicht immer leicht fällt). Ich weiß: auf den Bildern erkennt man nicht viel und es ist immer am besten, direkt vor Ort zu sein. Dennoch; vielleicht kennt jemand etwas ähnlich gelagertes, oder hat eine Idee (abseits von Atlantis etc), um was es sich hier handeln könnte Viele Grüße und danke

Hallo Utnapischtim, schade, daß es noch keine Keramikfunde gibt. Die Anlage könnte durchaus eine kleine “Station” zur Überwachung des Weges und der genannten Grenze darstellen. Die Steinzunge stammt möglicherweise von “Steinbrucharbeiten” als die Anlage nach ausgelaufener Nutzung als Steinlieferant diente. Wie sieht eigentlich die Verbindung des Walles mit dem Steilhang aus, der, wenn ich das richtig verstanden habe, hinter der Anlage aufragt und welche Höhe und Neigung hat der Hang etwa? Auf jeden Fall eine interessante Geschichte! Gruß Irminfried

Hallo Irminfried, die Idee mit einer Art Station zur Überwachung des Weges kam mir auch in den Kopf. Was ich übrigens noch vergaß zu erwähnen; der Flurname des Gebietes lautet übrigens “Herrenhof”. Ich glaube aber nicht, dass diese Steinzunge ein Relikt von Steinbrucharbeiten sein soll. Dafür sieht dieses Gebilde zu sehr konstruiert aus - vor allem auch, weil diese Zunge auf einer Seite von einer kleine Mauer flankiert wird. Wäre es nicht eher möglich - so meine Überlegung - dass diese Steinzunge eine Art Riegel darstellen sollte, welcher dem Reisenden sagte: “Langsam Wandersmann, hier betrittst Du andere Gefilde” :slight_smile: Mein Problem ist eben nur, bisher gibt es leider nichts ähnliches im Landkreis, auch das Denkmalamt hat - bisher - keine Idee dazu. Viele Grüße

Viellecht ein ehemaliger Obst/Wein-Terassenanbau, der abrutscht ist ? Welche Himmelsrichtung ?

Hallo Xposition, Hang- oder Erdrutsche gibt es bei uns im Gebiet genügend, diese sehen aber anders aus. Der Hang läuft in ein sehr schmales Tal (oft schattig) und zeigt nach Westen. Für Weinanbau jedenfalls gäbe es bei uns wesentlich vorteilhaftere Lagen. Oberhalb dieser Steinzunge liegt ja auch diese seltsame Struktur mit Wall und Graben (der fast bis an die Hangkante reicht) und meiner Meinung nach irgendwie damit in Verbindung stehen könnte. Auch kam schon die These auf, es handelt sich um einen alten Steinbruch. Doch eine Ortschaft liegt 2 km entfernt im Tal und hatte andere Steinbrüche und das Dörflein oben auf der Höhe liegt auch 2 km entfernt und hatte in diesem Gebiet zwar oberirdische Steinbrüche - aber eben ohne diesen kleinen Wall und Graben und ohne Mauern im Hang und ohne Steinzunge (und ist auch nicht dessen Markung). Eine landwirtschaftliche Nutzung will ich selbstverständlich ebenfalls nicht ausschließen, obwohl mir dafür das ganze doch etwas zu “kräftig” aussieht. Viele Grüße

Hallo utnapischtim, kannst Du an Lidar-Scans von dem Gebit kommen? Das könnte helfen den Befund einzuordnen. Ich gehe nicht davon aus, dass es brauchbare Luftbilder gibt, da der Befund im Wald liegt. Mir ist noch nicht ganz klar, ob die “Steinzunge” zu der Befestigungsanlage gehört. Bist Du der Meinung, dass die Wall-Graben-Anlage, die “Steinzunge” und die Mauern gleichzeitig sind? Vielleicht könntest Du eine kleine Skizze hochladen, in denen die verschiedenen Befunde mit ungefährer Größenangabe eingezeichnet sind. Mit freundlichen Grüßen Andreas

Hallo utnapitschim, ich bin nur Hobbyarchäologe, aber unser Wald hier ist vo von von ähnlichen Anlagen durchzogen. Unser Bezirksarchäologe meint, das sind Mauern, die Felder halten sollen. Es gibt sie da, wo es sehr bergig ist, aber fruchbarer Boden so rar, das man jeden Quadratmeter ausnutzen mußte. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, daß man so einen Aufwand betrieb, um ein winziges Feld zu halten, aber er meint, das ist so. Viele Grüße Konni

Hallo Andreas82 und Konni Lidar Aufnahme habe ich bereits vom DA erhalten. Darauf sind sowohl der Wall als auch die Anlage darüber an der Hangkante, gut erkennbar. Diese Wall/Graben Anlage ragt ja bis zur Hangkante, 5 Meter unterhalb derselben eine früher ca. 25 Meter lange Mauer. Geht man den Hang nun weiter hinunter, landet man an dem Weg ins Tal und an besagter Steinzunge. Das beschriebene Areal auf der Hochebene, direkt über 2 Tälern gelegen, soll eine Früh-/Hochmittelalterliche Rodung sein. Da sich aber die Anlage mit Steinzunge nur in einem kleinen, begrenzenten Bereich des gerodeten Gebietes befindet (bzw. 20 Meter von den heutigen Feldern entfernt im Wald), vermute ich eher keine landwirtschaftliche Funktion. Ich werde in den nächsten Tagen mal eine kleine Zeichnung anfertigen und hochladen. Viele Grüße

Hallo, könntest Du den Lidar-Scan hochladen? Das würde uns helfen! Gruß Andy

Hallo Andreas82, anbei ein Ausschnitt des Lidars. Innerhalb des rot gepunkteten Kreises liegt die quadratische Anlage und auch die Steinzunge ist als Dreieck erkennbar. Viele Grüße

Hmm… Interessante Sache. Bin mir nicht sicher ob ich anhand derTextbeschreibung die richtige Vorstellung im Kopf habe. Könnten sie vll einen einfachen Plan anfertigen? einfach so, freihand? Muss nix schönes sein. Im übrigen: ist ihnen die Struktur auf dem gegenüber liegenden Hügel aufgefallen?? Gruß Melchior

Hallo Melchior, welche Struktur meinen Sie denn? Das ganze Gebiet scheint eh hochinteressant zu sein, aber leider auch stellenweise dicht zugewachsen und steil. Werde morgen in aller Ruhe eine Skizze anfertigen und hochladen - jetzt ruft erst mal das Bett. Viele Grüße

Ich glaube, das aus der Ferne zu diskutieren hat keinen Zweck. Im Sommer findet ein Geländesurvey auf der Alb statt, der Auffälligkeiten aus LIDAR-Scans vor Ort überprüfen soll. Vielleicht hast du ja Glück, und dieser Teil der Alb ist dabei. Kann auch sein, daß ich da schon mal vor Ort war oder daß irgendeinem Kollegen etwas bekannt ist (mir fällt gerade ein: Guck doch mal in der Dissertation von Jörg Biel über Prähistorische Höhensiedlungen nach, ob da was darüber steht, oder guck in der dazugehörigen Kreisbeschreibung nach - dazu gehört auch immer ein “Katalog archäologischer Fundstellen” - ich vermute, richtig wäre dieses Buch: “Der Landkreis Reutlingen, Band III”, aus der Reihe “Kreisbeschreibungen des Landes Baden-Württemberg”, Sigmaringen: Thorbecke, 1997). Du kannst mir auch gerne eine Mail schreiben, vielleicht können wir uns das in den Sommerferien mal gemeinsam angucken