Soll ich oder soll ich nicht?!

Hallo! Ich bin 1983 geboren und mein Abitur habe ich 2003 gemacht. Durchschnitt 3.4 und das Latinum hab ich auch. Mein bestes Fach war Geschichte (ne 2 uiiii), aber ich hatte Geschichte nicht als Leistungskurs sondern als GK. Ich habe versucht mehr in die Naturwissenschaftliche Richtung zu gehen, und darum hab ich mich für Informatik und Mathe als LK entschieden. Mathe landete dann bei einer glatten 4 und Informatik bei 3. Das hat mich aber nicht davon abgehalten Elektrotechnik (FH) anzufangen. Da ich auch kurzfristig erfahren habe, dass ich keinen Zivildienst machen muss habe ich mich wohl viel zu schnell für Elektrotechnik entschieden. Nunja ich habe jetzt 5 Semester hinter mir und Mathe immer noch nicht bestanden. Ohne Mathe komme ich nicht ins Hauptstudium und ich komm mir vor wie in der Sackgasse. An dem Punkt wäre ich wohl schon letztes Jahr gewesen, wenn ich nicht die Möglichkeit gehabt hätte nach Australien für ein Semester zu gehn. Das war echt gut da, aber im Bezug auf mein Studium hat es mir wohl nicht viel gebracht. Auf Grund des Timings konnte ich auch an 3 Klausurzeiträumen in Deutschland nicht teilnehmen. Jedenfalls habe ich erkannt, dass dieses Studium nicht mein Weg sein kann. Ich fühle mich da total fehl am Platze. Hinzu kommt noch, dass ich in Gummersbach studiere und dort absolut nichts los ist. Da ist man einfach nicht motiviert irgendwas zu tun, wenn die Umwelt einen depressiv macht. Also in Perth, Australien habe ich mich viel wohler gefühlt und war auch in die Studentengemeinschaft integriert. Die gibt es hier so gar nicht. Nun kennt Ihr so einigermaßen meinen schulischen/studentischen Werdegang. Warum ich jetzt überlege die 180° Wende zu machen denke ich wie folgt begründen zu können: Eigentlich habe ich mich schon immer für Geschichte interessiert. Insbesondere für Bauwerke. Also ich bin in meinem Bekanntenkreis schon immer dafür bekannt ein Fable für alte Sachen zu haben. Wenn ich irgendwo im Urlaub bin muss ich die örtlichen Sehenswürdigkeiten sehen. Ich schau mir in meiner Freizeit oft Museen und historische Bauwerke wie Schlösser und Burgen an. Mich fasziniert einfach was unsere Vorfahren da hinterlassen haben. Um meinen Wohnort Düsseldorf habe ich bestimmt schon jede Burg im Umkreis von hmm 200 km gesehn. Und die meisten Stadtmuseen und historischen Innenstadtkerne. Xanten gefällt mir z.b. immer wieder. Da war ich zwar schon dutzende Male, aber es ist trotzdem immer wieder schön. Außerdem glaube ich, dass in der Archäologie bei einer Ausgraben auch praktische Fähigkeiten gefordert sind. Das ist etwas, was ich so in der E-Technik bisher nicht getan habe. Ich glaube aber es wäre gut für mich an so etwas wie Ausgrabungen teilzunehmen. Auch wenn es nur ein paar Wochen im Sommer sind. Mein Problem mit dem Studium ist natürlich, dass ich meine 5 bisherigen Semester, inkl. teurem Auslandssemester, in den Sand gesetzt hab. Das gefällt weder mir noch meinen Eltern. Und jetzt komm ich auch noch mit Archäologie oder Geschichte an. Also mit Ingenieur konnten die gut leben, aber jetzt noch ein langes Studium anfangen, dass eben nicht die gleichen Chancen wie ein Ingstudium bietet? Ohje… Es ist auch so, dass meine Eltern beide Beamte sind und ich wegen der guten Jobs kein Bafög bekomme. Ich wurde immer unterstützt, auch weil ein Einzelkind bin, aber ich würde sehr gerne diesen Kreislauf durchbrechen und finanziell auf eigenen Beinen stehen. Wenn ich nicht mehr auf deren Kosten lebe, können die mir auch nicht vorwerfen Ihr Geld zu verschwenden. So würden das meine Eltern zwar nie formulieren, aber es ist trotzdem so. Also frage ich mich, ob ich mich trauen soll Archäologie zu studieren. Ich habe einfach die Befürchtung, dass ich wieder scheitern könnte sollte ich den Schritt wagen und gleichzeitig die Befürchtung, dass ich mir mein Leben lang Vorwürfe mache, wenn ich jetzt nicht mal dem folge, was ich wirklich möchte. Vielen Dank fürs Lesen! Takinese

Hallo Taki, wenn Dir dein jetziges Studium absolut nicht liegt, dann bringt’s auch nichts, weiterzumachen, wenn Du noch einen großen Teil vor Dir hast, oder ernsthafte Bedenken hast ob Du’s packst. Auch ein noch so aussichtsreicher Job bringt nichts, wenn es nicht dein Ding ist, oder wenn du dir nicht sicher bist, ob du auch in diesem Job top sein kannst. Du musst dir aber im klaren sein, dass Archäologie sicherlich kein Beruf ist, der eine gute finanzielle Grundlage bietet. Es ist extrem schwierig, nachher eine feste Stelle zu kriegen, der Großteil aller Archäologen muss sich in den ersten 10 Jahren mit befristeten Stellen begnügen, sofern sie überhaupt im Beruf arbeiten. Hinzu kommt nicht die lange Studiendauer - wer bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben will braucht schon den Doktor, das wären nochmal ca. 3 Jahre zu den 5 Jahren Regelstudienzeit. Interessanter wäre für dich dann ein Bachelorstudium der Archäologie (gibt’s z.B. schon in Mainz, die anderen Unis müssen demnächst auch alle umstellen), da wärst Du nach 3 Jahren fertig. Das wäre was, wenn du vor allem bei Ausgrabungen tätig sein willst. Für Forschung & Lehre reicht der Bachelor nicht, da müsste man noch den 2-jährigen Master und ca. 3-jährige Dissertation dranhängen (kann man aber auch noch später machen). Viele Leute brechen ihr Erststudium/Erstausbildung ab und wechseln, das finde ich nicht schlimm, nicht jeder kann gleich nach den Abi wirklich einschätzen, was ihm liegt und was nicht. Bei mir war das auch so, ich habe allerdings eine abgeschlossene Berufsausbildung, auf die ich zurückfallen kann, wenn ich nicht gleich einen Job kriege. Ohne die hätte ich mir das zweimal überlegt. Ich gebe dir aber recht, dass man das machen sollte, was einem am Herzen liegt - aber man muss realistisch wegen der Finanzierung bleiben. Aber was anderes - auch die FH’s müssen ja demnächst auf Bachelor Studiengänge umstellen. Der Bachelor Abschluss wird ja normalerweise nach 6 Semester gemacht und ist nicht so hoch gegriffen wie Diplom oder Magister, aber immerhin ein Abschluss. Vielleicht kannst Du ja umschreiben auf Elektrotechnik-Bachelor, sobald er angeboten wird, und müsstest dann vermutlich nur noch wenige Scheine machen. Müsstest Dich dann noch ein oder zwei Semester dahinterklemmen, hättest aber dann einen Abschluss (aber aufpassen - wenn Du danach noch Archäo studierst, müsstest Du Studiengebühren wg. Zweitstudium zahlen - hättest dafür ein zweites Pferd im Stall wenn’s nacher an den Arbeitsmarkt geht!). Wäre vielleicht auch eine Möglichkeit, und würde deine Eltern ungemein beruhigen :wink: Jetzt ist es soweit ich weiß schon zu spät, um sich für das Sommersemester umzuschreiben. Falls an einer Uni in deiner Nähe Archäologie gelehrt wird, besuche doch ein Paar Veranstaltungen als Gasthörer, und schau erst mal, ob Dir das liegt. Wenn Du auf Magister studierst, und Nebenfächer hast die mit deinem bisher studierten was gemeinsam haben, kannst du vielleicht den einen oder anderen Schein anerkennen lassen. So wär’s dann nicht alles umsonst gewesen sein (und einige kenntnisse sind auch so für’s Leben gut). Ich drück dir die Daumen, dass du eine für dich passende Lösung findest! Viele Grüße S.

Auch wenn es nicht unbedingt ins Topic passt: Womit hat man denn die größten Chancen auf einen Erfolg als Archäologe? £e$t@t

Kommt drauf an, was du unter Erfolg verstehst… Für den einen ist es die Vorstellung vom Jahrhundertfund à la Howard Carter, für den anderen ist es lediglich, einen Job zu finden :wink:

naja, für den Jahrhundertfund gibt es denk ich mal kein Rezept, selbst einer der nicht studiert hat, oder in irgendwelcher Weise archäologisch qualifiziert ist kann einen solchen machen. Ich meine, mit welchem Studium hat man die größten Chancen auf einen festen Job, mit dem man auch gut leben kann. £e$t@t

Ich glaube, dass man mit Vor- und Frühgeschichte wahrscheinlich noch die besten Chancen hat. Erstens, weil es an relativ vielen Universitäten gelehrt wird und natürlich an vielen Museen relevant ist. Außerdem kriegt man als VFG’ler noch am ehesten an einer inländischen Grabung eine Stelle. Bei provinzialrömische Archäologie und Mittelalterarchäologie hat man auch noch ganz gute Chancen, wobei die Richtungen seltener als eigenständige Fächer gelehrt werden, an den meisten Unis sind sie Teil der VFG. Man hat eine relativ breite Fächerung, man kann während des Studiums entscheiden, ob man nun eher zur Steinzeit, Eisenzeit, Römer, Mittelalter oder was auch immer tendiert. Trotzdem kann man auch damit arbeitslos sein. Du musst gut sein, viiiieeeel Glück und ein bissl Vitamin B haben, und vor allem flexibel sein und dich auch mal mit “niederen” Jobs durchschlagen. Meine persönliche Meinung!

Hört sich ja vielversprechend an :wink: Aber was tut man nicht alles um seinen Traumjob zu kriegen. Aber hier will ich sowieso nicht bleiben, ich will raus aus diesem langweiligen, düsteren Kaff Europa (sorry an all die die es hier schön finden). Wie stehen die Berufschancen im Ausland, Amerika oder Ägypten z.B. Wie lange muss man studieren um jede Auszeichnung eines Faches (also z.B. Vor- und Frühgeschichte) zu erreichen? Und wie wichtig sind die Abi-Noten bei der Job-Suche? Achja, was meinst du mit “…man muss gut sein…”, dass man gute Arbeit verrichtet kann man ja sowieso erst beweisen wenn man den Job hat… Fragen über Fragen, sorry, aber ich bin halt noch ein unwissender Mensch. In der Hoffnung dass ich euch nicht zu sehr auf den Geist gehe £e$t@t

ich will raus aus diesem langweiligen, düsteren Kaff Europa (sorry an all die die es hier schön finden). Naja, dann ist VFG wohl eher nix für dich, da arbeitet man fast ausschließlich in Europa… Wie stehen die Berufschancen im Ausland, Amerika oder Ägypten Ägypten wirst Du ziemlich vergessen können. Der dortige Chefarchäologe sorgt kräftigst dafür, dass vor allem seine Landsleute die Jobs kriegen, als Ausländer ist es extrem schwierig. Gerade die Ägyptologie hat mitunter die schlechtesten Berufsaussichten. Ich habe aus verschiedenen Quellen gehört, dass gerade mal 1% der Absolventen tatsächlich als Ägyptologen arbeiten… Amerika weiß ich nicht, aber könnte mir vorstellen, dass es auch dort schwer ist. Die Altamerikanistik ist ein eigenständiges Fach, die in Deutschland nur an einer Uni (Berlin oder Hamburg, weiß es gerade nicht) gelehrt wird, weiß auch nicht, ob’s das als Bachelor überhaupt noch geben wird. Wie lange muss man studieren um jede Auszeichnung eines Faches (also z.B. Vor- und Frühgeschichte) zu erreichen? Wenn Du noch auf Magister studierst: Magister ca. 9 Semester, dann Promotion (Doktorstudium) weitere 3-4 Jahre. Promotion ist nicht unbedingt notwendig, wenn man unbedingt praktisch arbeiten will, aber allgemein erhöht es wohl die Berufschancen. Wenn Du auf Bachelor studierst: Bachelor 6 Semester, danach 2 Semester Master, dann Promotion wie oben. Und wie wichtig sind die Abi-Noten bei der Job-Suche? Interessieren kein Mensch, dann eher die Noten des Hochschulabschlusses (aber auch die ist nicht sooo wichtig…) dass man gute Arbeit verrichtet kann man ja sowieso erst beweisen wenn man den Job hat… Eben nicht!! Gute Arbeit ist für mich u.a.: Schon als Student viele Grabungen mitmachen (zumindest als Vor- und Frühgeschichtler hat man oft die Gelegenheit!), die Leute kennenlernen, Kontakte knüpfen. Wenn die Leute schon mal mit dir gegraben haben, und wissen dass du das gut machst, dann kriegst du da eher eine Stelle beim nächsten mal, besonders praktisch wenn man schon mal für die Landesämter gearbeitet hat. Während dem Studium möglichst viel selbständig lernen, nicht nur das Zeug, was man in den Vorlesungen vorgekaut bekommt! Vielleicht sogar während dem Studium was publizieren. Eine gute Magister / Doktorarbeit ist auch gute Werbung für einen Kandidaten, der sich für eine Stelle an einer Uni oder am Museum bewirbt. Und so weiter und so weiter. Als Student kriegt man noch am ehesten einen Grabungsjob, das ist ja der Witz - und bei der Gelegenheit muss man zeigen, was man kann. In der Hoffnung dass ich euch nicht zu sehr auf den Geist gehe Keine Sorge - die Fragen haben wir uns alle zu Beginn gestellt :wink: Besser vorher fragen, als nach 3 Semester feststellen, dass die Archäologie doch ganz anders ist, als die, die man aus dem Fernsehen kennt…

Danke für die Antwort. Und wie steht es mit der Klassischen Archäologie? Dieser Bereich könnte mich schon eher begeistern als VFG. £e$t@t

Naja, die klassische Archäologie ist eigentlich mehr griechisch-römische Kunstgeschichte als Archäologie… wenn du eine praktische Laufbahn anstrebst (Grabungen) dann wäre es vielleicht nicht so das richtige. In der VFG lernt man eine Menge über Methodik der Archäologie (z.B. Prospektionsmethoden, Datierung, wie eine Grabung gemacht wird usw.) und die meisten Unis bieten genug Lehrgrabungen. Das ist in der klassischen, zumindest hier, nicht der Fall. Da gibt’s eher Sachen wie römische Architektur, griechische Skulpturen, Vasenmalerei usw. Wenn du grabungstechnisch arbeiten willst dann würde sich wohl am ehesten ein breit gefächerter B.A. Studium der Archäologie anbieten - du musst dich nicht gleich auf ein Schwerpunkt festlegen, du kriegst eine breit gefächerte Ausbildung und du bist in 3 Jahren fertig und hast eine gute Qualifikation um als Grabungstechniker einen Job zu kriegen.

Hmm…Naja, du weißt ja wie unwissend ich bin… Aber was würdest du mir denn empfehlen? Mich interessiert vor allem die Antike, d.h. Rom, Grieschenland, Ägypten,… Ich will vor allem praktische Arbeit verrichten, bin jedoch auch nicht abgeneigt gegenüber Theorie, Forschung und sowas. Ich bin nicht lernfaul und will die besten Job-Aussichten haben. Außerdem will ich ins sonnige (ich weiß, is vll etwas viel verlangt… :slight_smile: ) Danke für deine Hilfe Sesmet £e$t@t

Hallo Takinese, Du sagst, Du überlegst Dir, eine “180° Wende zu machen”. Warum eigentlich? Ich will nicht gerade von einem Boom sprechen, aber die “Archäometrie” gewinnt rasant an Bedeutung. Naturwissenschaftliche Methoden werden in allen Bereichen der Archäologie immer wichtiger. Das ganze Brimborium um die Echtheit der Himmelsscheibe von Nebra ist ein typisches Beispiel dafür. Kurzum: Mit Deinen elektrotechnischen Kenntnissen bist Du in der Archäologie womöglich sehr gut aufgehoben. Schau mal hier: http://www.am.tu-freiberg.de/ http://www.mpi-hd.mpg.de/archaeometry/ AK Archäometrie | Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V. http://www.cez-archaeometrie.de/ … um nur einige zu nennen! Viel Erfolg, Lars

Sesmet schrieb: Wenn du grabungstechnisch arbeiten willst dann würde sich wohl am ehesten ein breit gefächerter B.A. Studium der Archäologie anbieten - du musst dich nicht gleich auf ein Schwerpunkt festlegen, du kriegst eine breit gefächerte Ausbildung und du bist in 3 Jahren fertig und hast eine gute Qualifikation um als Grabungstechniker einen Job zu kriegen. Hi Sesmet ich hätte da auch ne frage dazu, und zwar was meinst du mit B.A. Studium noch eine Frage die ich hätte währe, da ich auf alle Fälle bei Ausgrabungen später arbeiten möchte ist, wie du oben schon geschieldert hast, die klassische Archäologie wohl eher falsch, was mir eigentlich ganz gut passt, weil ich mich dafür eh nie wirklich interresiert habe… Ich möchte später die vorderasiatische Archäologie studieren, hab jetzt durch das forum lesen mitbekommen das ich aber auch wohl oder übel Früh und Vorgeschichte brächte schon alleine von der Ausgrabung her, jetzt wollte ich fragen ob es effektiv ist wenn ich alls Hauptfach die vorderasiatische Archäologie nehme und als Nebenfach die Vor und Frühgeschicht und evlt noch als zweites Nebenfach die antike Archäologie oder ob ich das eher anderst varieren sollte, um überhaupt später eine Arbeit zu bekommen?! viele Grüße Daniel