Uralter Tempel unter Dresden entdeckt

In Dresden gibt es viele Sehenswürdigkeiten wie zum Beispiel die Semperoper. Aber was Forscher dort vor kurzem gefunden haben, könnte bald noch mehr Besucher anlocken: Bei Ausgrabungen unter der Stadt sind sie auf einen großen Tempel gestoßen. Der gehört zu einem Netz von insgesamt 150 Tempeln, die Archäologen in Deutschland, Österreich und der Slowakei entdeckt haben. Das Besondere daran: Die Gebäude sollen von einem Volk gebaut worden sein, das die Wissenschaft bis jetzt noch gar nicht kannte - und das 4800 bis 4600 vor Christus gelebt haben soll. Damit wäre es das älteste Volk Europas. Die Tempel sind sogar 2000 Jahre älter als die ägyptischen Pyramiden! Außerdem haben die Forscher in Dresden Werkzeuge aus Stein, Knochen und Holz sowie Keramikfiguren gefunden. Im Herzen des Kontinents haben Archäologen bei Ausgrabungen riesiger prähistorischer Kultstätten die älteste Zivilisation Europas entdeckt. Die Forschungsergebnisse deutscher und ausländischer Archäologen zeigen, daß sich Kulturen, die in der Lage waren, monumentale Anlagen zu errichten, in Europa zur selben Zeit oder sogar früher als im alten Ägypten oder Mesopotamien entwickelten. Die Ausgrabungen förderten eine Reihe von gigantischen Kultstätten zum Beispiel in Dresden, Eythra und Kyhna bei Leipzig zutage, die etwa 7000 Jahre alt sind. Sie sind damit gut zwei Jahrtausende älter als Stonehenge oder die ägyptischen Pyramiden, und bestanden jeweils aus bis zu 800 Kilometer langen Schutzwällen und Palisaden. Die Planung der Kreisanlagen war perfekt, oft liegen die Ausgänge genau 90 Grad voneinander entfernt. Die urzeitlichen Menschen, die diese riesigen Stätten erbauten, lebten in gemeinschaftlich genutzten Häusern, die sich zu größeren Dörfern zusammenschlossen. Diese Fachwerkhäuser waren bis zu 50 Meter lang. Mit einer auf Viehzucht gestützten Wirtschaft konnten die Erbauer der Kultstätten eine hohe Bevölkerungsdichte von etwa 40 Menschen pro Quadratkilometer aufrechterhalten. Die Ausgrabungen dieser riesigen, kreisförmig angelegten Kultstätten haben in den letzten Jahren in Deutschland, Österreich und der Slowakei stattgefunden. Aufgrund dieser Entdeckungen konnten ähnliche, wenngleich bislang undatierte Anlagen, die Wissenschaftler bei Luftaufnahmen aus ganz Zentraleuropa gesehen hatten, neu zugeordnet werden. Archäologen vermuten nun, daß buchstäblich Hunderte dieser sehr frühen Kultstätten - von denen jede etwa einen Durchmesser von 150 Metern hat - zwischen 4800 und 4600 v. Chr. auf dem 1000 Kilometer umfassenden Gebiet zwischen dem heutigen Österreich, der Tschechischen Republik, der Slowakei, Bayern und Ostdeutschland erbaut worden sind. Die komplexeste dieser Anlagen, die bisher ausgegraben worden sind - sie befand sich innerhalb des heutigen Stadtgebiets von Dresden - bestand aus einem Heiligtum, das von zwei Palisaden, drei Erdwällen und vier Gräben umgeben war. Diese monumentale prähistorische Kultstätte - und die anderen bislang in Zentraleuropa entdeckten 150 Anlagen - sind etwa 300 Jahre früher entstanden als die frühesten prähistorischen Bauten im Nahen Osten: die großen Plattform-Kultstätten der mesopotamischen Ubaiden-Kultur, die um etwa 4500 v. Chr. entstanden waren. Diese Entdeckungen werden wahrscheinlich alles auf den Kopf stellen, was man bisher über die Neusteinzeit in weiten Teilen Europas dachte. Die Bauten scheinen ausschließlich in einer Phase der Konsolidierung und des Wachstums stattgefunden zu haben, die auf die ursprüngliche Entstehung bäuerlicher Kulturen in der Mitte des Kontinents folgte. Möglicherweise sind die neu entdeckten neolithischen Monumente eine Konsequenz der Ausbreitung und der Rivalität zwischen den neu entstehenden Stämmen oder Völkern, die wahrscheinlich Europas früheste Zwergstaaten bildeten. Nach einer relativ kurzen Periode von womöglich nur 100 oder 200 Jahren verschwand entweder der Bedarf oder die sozialpolitische Fähigkeit, solche Anlagen zu errichten - und es wurden dann auch bis zur Mittleren Bronzezeit etwa 3000 Jahre später keine Kultstätten von dieser Größe mehr erbaut. Warum diese monumentale Kultur zusammenbrach, ist nach wie vor ein Rätsel. Die archäologische Untersuchung dieser Steinzeit-Kultstätten im Laufe der letzten drei Jahre hat auch noch einige andere Fragen aufgeworfen. Erstens wurde jede dieser Anlagen nur von ein paar Generationen genutzt - vielleicht für höchstens 100 Jahre. Zweitens hatte das zentrale Heiligtum immer etwa die gleiche Größe, nämlich etwa ein Drittel Hektar. Und drittens wurde für jeden kreisförmigen Randgraben unabhängig vom Durchmesser dieselbe Menge Erde ausgehoben. Die Erbauer haben also die Tiefe und/oder Breite jedes Grabens in umgekehrt proportionalem Umfang zum Durchmesser ausgehoben, um das Volumen (und damit die Arbeitszeit) immer konstant zu halten. Die Archäologen nehmen an, man wollte damit sicherstellen, daß alle Grabungsarbeiten von einer festen Anzahl dafür bestimmter Arbeiter innerhalb eines festen Zeitrahmens geleistet werden konnten - möglicherweise um den rituellen Anforderungen einer Art religiösen Kalenders Genüge zu tun. Die Anlagen aus Banken, Gräben und Palisaden scheinen nicht zu Verteidigungszwecken erbaut worden zu sein. Statt dessen sollten sie möglicherweise verhindern, daß einfache Stammesmitglieder die heiligen und wahrscheinlich geheimen Rituale zu sehen bekamen, die im inneren Heiligtum vollzogen wurden. Die Forschungsergebnisse legen nahe, daß jede der Kultstätten zum Ende ihrer Nutzung auch mit einem speziellen Ritual verabschiedet wurde, indem die Gräben, die nacheinander gebaut worden waren, alle absichtlich wieder aufgefüllt wurden. “Unsere Ausgrabungen haben gezeigt, wie umfassend die Vision und der Erfindungsreichtum der frühen Bauerngemeinschaften waren, die Europas erste, wirklich großangelegte, komplexe Erdarbeiten durchgeführt haben”, sagt Harald Stäuble vom sächsischen Landesamt für Archäologie in Dresden, der die Grabungen und Untersuchung leitet. Die wissenschaftliche Auswertung des neu ausgegrabenen Materials findet derzeit in Dresden statt. Die Menschen, die diese riesigen kreisförmigen Kultstätten bauten, stammten ab von Einwanderern, die einige Jahrhunderte zuvor aus der Donau-Ebene im Norden von Serbien und Ungarn kamen. Die Erbauer der Heiligtümer waren Hirten, die große Herden beaufsichtigten von Rindern, Schafen, Ziegen wie auch Schweinen. Sie fertigten Werkzeuge aus Stein, Knochen und Holz, schufen kleine Keramikfiguren von Mensch und Tier. Auch töpferten sie erhebliche Mengen von Steingutgefäßen, die sie mit geometrischen Mustern verzierten, und lebten in großen Langhäusern innerhalb der ansehnlichen Dörfer. Eine Dorf- und gewaltige Kultstättenanlage - in … nahe Leipzig - umfaßt 25 Hektar. 200 Langhäuser wurden hier entdeckt, und die Bevölkerung betrug etwa 300 Menschen, die in einer gutorganisierten Siedlung lebten mit 15 bis 20 Gemeinschaftsgebäuden. Aber wem diese Steinzeitmenschen in ihren riesigen Kultstätten huldigten, bleibt vorerst ein Rätsel der Archäologie. Ebenso die Frage, warum diese ausgedehnten Heiligtümer verlassen wurden. Im Moment gibt es noch nicht einmal einen Namen für das unbekannte Kulturvolk, das europaweit wirkte. Bis zur Namensgebung wird es wohl lediglich Teil sein der länger bestehenden Kultur der Stichbandkeramik, die in Bayern, Sachsen, Böhmen, Mähren und Österreich verbreitet war. Vor allem durch Luftaufnahmen war seit den siebziger und achtziger Jahren die Existenz von einem Teil der Grabanlagen bekannt. Dennoch kommt erst jetzt ans Licht, welche geographischen Ausmaße und monumentale Natur die früheste europäische Zivilisation besaß. Bis jetzt wurden 150 Kultstätten entdeckt, vorwiegend aus der Vogelperspektive, nachdem Luftaufnahmen durch die Wende möglich wurden. Seit drei Jahren wird in Dresden ein großes Heiligtum genauer untersucht - und innerhalb der vergangenen fünf Jahre konnten in der Slowakei etwa 30 Einfriedungen entdeckt werden. Im Jahr 2007 wollen die Wissenschaftler ihre Ausgrabungsergebnisse der beiden größten Heiligtümer - in Dresden und … - veröffentlichen.

ein schönes beispiel dafür, wie ein paar journalisten mit stroh im kopf aus einer seriösen archäologischen ausgrabung eine schlagzeile machen. natürlich handelt es sich um die kultur der bandkeramiker, von der man schon lange wußte, daß sie in großen dörfern mit langhäusern lebte. natürlich haben die bandkeramiker auch die neolithische kultur nach europa gebracht - das wußte man schon lange. jetzt hat man ein paar große tempelanlagen aus der zeit entdeckt - wobei das wirklich große daran nur die wallanlagen sind, und große wallanlagen gibt es in europa nun zuhauf. und auch die nutzung als tempel würde ich mit vorsicht angehen (siehe die berühmten viereckschanzen, die sich als bauerngehöft entpuppt haben). es gibt nichts wirklich sensationelles an der ganzen sache. sensationell ist eigentlich nur die unverschämtheit, mit der die journalisten alle möglichen unwahrheiten und spekulationen über den gegenstand verbreiten (war aber zu erwarten, daß nach dem abflauen des rummels über die völlig überbewertete himmelscheibe von nebra was neues kommen mußte). inzwischen tummeln sich dutzende von artikeln über die angebliche entdeckung der ältesten hochkultur eines geheimnisvollen namenlosen volkes im netz. in einem wird hervorgehoben, daß sie kein geld hatten (was unbestreitbar wahr ist, aber auch niemanden überraschen dürfte und also auch eigentlich nicht erwähnenswert ist, außer für die, die den geschichtsunterricht komplett verschlafen haben), ein anderer behauptet, sie hätten mais angebaut (wofür haben wir eigentlich schulpflicht in deutschland?). Bandkeramische Artefakte findet man in jedem provinzmuseum, bücher über die bandkeramiker in jeder dorfbibliothek, wie kann es also sein, daß ein solcher unsinn die deutsche presselandschaft überflutet? ist das bildungsniveau bei uns tatsächlich schon so tief gesunken? HERR, schmeiß Hirn vom Himmel!

hallo, eigentlich ist das leider mittlerweiler ein ganz normaler vorgang geworden das solche funde als sensationsfunde angepriesen werden. also abwarten bis die untersuchungen abgeschlossen sind. in der regel kam man aber sehr lange warten bis ein bericht aus seriöser quelle kommt;-) und wenn er dann mal kommt kann der laie relativ wenig damit anfangen, die tiefergehenden infos sind dem laien oft unverständlich und meist nicht zugänglich! die bücher folgen dann ein paar jahre später:-) (ich habe das jetzt mal etwas bewußt übertrieben, ich bin mir auch bewußt das ausgrabungen sich über jahre erstrecken können;-)) es stimmt, im alten europa gibt es zuhauf wall/kreisgraben-anlagen und selbst in den seriösen berichten, aufsätzen büchern etc über diese geheimnisvollen anlagen findet man doch sehr viel spekulatives, thesen usw. von “historischen tatsachen” kann man wirklich nicht reden. die wahrheit ist die das niemand was genaues weiß. fakt ist das es noch zu viele weiße flecken auf der landkarte unserer vergangenheit gibt und fakt ist auch das die fachleute nicht immer von “historischen wahrheiten” reden können. grüße @ all menhir

Wow, also kletterten unsere Vorfahren doch nicht auf Bäumen rum, als im Orient die ersten Hochkulturen entstanden. Ich bin mal gespannt, wie es weiter geht.

Ganz kurz, ganz trocken: Bäume herumklettern: 6-5 Mio v.Chr. Linienbandkeramik: 5.300-4.500 v.Chr. Hochkulturen im Nahen Osten: ab 3.500 v.Chr. Publikationsdauer einer Ausgrabung: mind. 10 Jahre…Es wird aber nicht wirklich was umwerfend neues drin stehen, Befunde dieser ältesten neolithischen Kultur liegen viele vor. Ich denke, dass die Presse halt immer nur auf “sensationelles” anspringt. Das ist genau das Problem. Eine Wissenschaft, die “still” vor sich hinarbeitet, bekommt irgendwann keine Mittel mehr. Die Presse giert aber nach Sensationen. Hier die Archäologie zu kritisieren, heißt, den Sack zu schlagen und nicht den Esel. Th.Tr.

hallo thomas trauner die presse, als freies wirtschaftsunternehmen, kann nur überleben, wenn die auflagen steigen, sprich die einnahmen stimmen. und da es nicht jeden tag „sensationen“ gibt muss man unter umständen „etwas nachhelfen“. eine presse die „still“ vor sich hin arbeitet, dürfte ebenfalls ganz schnell weg vom fenster sein. die presse schafft auch heute noch in unserer angeblich so aufgeklärten zeit „moderne legenden“, wie die vom z.b. vom “Frozen Fritz” und seine eisige Rache aus dem Gletschergrab!!!“ (so ähnlich klang es durch den blätterwald) was natürlich absoluter unfug ist, aber diese aufreisserischen überschriften haben dazu geführt das bei vielen menschen das interesse an ötzi geweckt wurde und bis heute noch besteht. in zahlen ausgedrückt: allein in den sechs jahren von 1998 bis 2004 haben rund 1,5 millionen mumien-touristen aus aller welt die ötzi-ausstellung im museum bozen besucht. überspitzt formuliert sind archäologen etc. von natur aus sehr „still“, publizieren lieber vor einem fachpublikum, in einer wissenschaftlichen sprache die dem laien bzw. geschichtsinteressierten nicht unbedingt motiviert, und ich weiß nicht so recht ob ohne medienrummel ein solcher erfolg rund um den gletschermann entstanden wäre. dank dem medienspektakel rund um die himmelsscheibe dürfte auch ihre „vermarktung“ ein voller erfolg werden. der herr meller kann zufrieden sein denn er steht ja auch unter erhöhter medienaufmerksamkeit was ihm wahrscheinlich gar nicht mal so unrecht ist - dank der presse. grüße menhir

Hallo menhir, Du hast natürlich völlig recht mit der Beschreibung der Situation. Ich wollte einfach nur daruf hinweisen, dass das Fach Archäologie nicht unbedingt die alleinigen sind, die an dieser Sensationsmache beteiligt sind. Manchmal stellt sich der Eindruck ein, dass egal, wie sich das Fach präsentiert, immer Kritik kommt. Entweder es wird dem Fach unterstellt, es würden übermäßig auftreten oder zuwenig. Eine Meldung: “Weitere Kreisgrabenanlagen des 5.Jt.v.Chr. auch in Dresden” fördert einfach nicht das Verständnis in der Bevölkerung, bei Bauherrn und der öffentlichen Hand, die Verzögerungen und finanziellen Aufwand hinzunehmen, das für eine ausreichende Untersuchung der Befunde und Funde notwendig ist. Wie schwierig dann zusätzlich noch die Presse ist und aus “wir wissen wenig über die Menschen dieser Zeit” ein “unbekanntes Volk” macht, ist klar. Thomas

hallo thomas, dein hinweis ist auch völlig richtig. die archäologie alleine in die kritik nehmen zu wollen ist natürlich nonsens, diejenigen die aus dem fach kommen wissen das - der laie, bzw die öffentlichkeit nicht! nicht weil kein interesse an archäologie bzw. historischen themen innerhalb der breiten öffentlichkeit besteht, das gegenteil dürfte eher der fall sein, sondern weil die „informationspolitik“ mist ist. nun es gibt den geschichtsinteressierten laien und es gibt den laien-journalismus (das gegenteil wäre ein fundierter wissenschaftsjournalismus), und den laien-journalismus halte ich für „gefährlich“, weil diese form von journalismus seine ziele weit weit verfehlt. eine wichtige voraussetzung – fachwissen – ist in dem laien-journalismus in der regel nicht zu finden. journalisten müssen sich ihrer verantwortung gegenüber der öffentlichkeit bewusst sein, sie haben nicht nur eine Informationspflicht, sie haben die information gegenüber der öffentlichkeit auch zu verantworten. schöne worte, schon oft gelesen, leider keine realität. und das mit dem online-journalismus ist auch so eine sache, weil der informationssuchende nicht in jedem fall weiss wer was warum, aus welchen motiven berichterstattung betreibt. grüsse menhir

Hallo, ich bin Laie, will aber keinen Sensations-Journalismus. Woher weiß ich, was ich glauben darf, und was nicht? Was haltet ihr von den Zeitschriften GEO EPOCHE und Abenteuer Archäologie? Kann man denen alles glauben? MfG und Danke im Vorraus Patrice

Hallo, alles glauben sollte man grundsätzlich nicht. Auch (oder gerade) unter Archäologen gibt es zu vielen Themen unterschiedliche Meinungen… Geo ist in der Regel gut recherchiert und seriös - Abenteuer Archäologie habe ich noch nicht gelesen. Sehr zu empfehlen ist im übrigen die Zeitschrift AiD (Archäologie in Deutschland). MfG, JGG