Alte Wege bei Melsbach (Kreis Neuwied)

Heinz Preißing Zur Archäologie im Kreis Neuwied Spuren alter Wege bei Melsbach Der bemerkenswerte Beitrag von Jürgen Fuchs „Alte Hohlwege in Rheinbreitbach“ im Heimat-Jahrbuch des Landkreises Neuwied 2005 gibt mir Anlass, auf weitere Relikte alter Wegeführungen im Kreis Neuwied hinzuweisen. Dabei soll hier ein Objekt beschrieben werden, dessen Bestand möglicherweise beim Neubau der geplanten Ortsumgehung Rengsdorf der Bundesstraße 256 gefährdet sein könnte. Nach der vorliegenden Planung, für die der Planfeststellungsbeschluss bereits seit dem 30. Dezember 1999 vorliegt, soll nur 100 m nordöstlich ausgeprägter alter Hohlwege die Anschlussstelle K106 Rengsdorf-West mit der Überführung K106 der Neubaustrecke gebaut werden. Die Hohlwege östlich des Virneberges in Rheinbreitbach, die Jürgen Fuchs beschreibt, wurden 2004 von der Unteren Denkmalschutzbehörde als Denkmalzone unter Schutz gestellt. Das ist bei dem hier beschriebenen Bodendenkmal zur Zeit noch nicht der Fall, soll aber angestrebt werden. Die Unterschutzstellung würde zwar im Hinblick auf die im Fall „Römergraben“ in Rengsdorf gemachten negativen Erfahrungen keine Umplanung der bedrohlich nahen Anschlussstelle herbeiführen, auch dann nicht zwangsläufig erfordern, wenn dafür Sorge getragen wird, dass vermeidbare Beeinträchtigungen durch den Baustellenbetrieb unterbleiben. Unser Bodendenkmal liegt im Waldgebiet über dem Osthang des Laubachtales nördlich Melsbach und westlich der nach Rengsdorf führenden Kreisstraße 106. Mehrere ausgeprägte Wälle und Gräben im Buchenhochwald bilden ein Hohlwegbündel das zu dem alten Völkerweg gehört, der vom Rheintal über Heddesdorf, Niederbieber, Melsbach, Rengsdorf, an Bonefeld vorbei über die Eisenstraße bei Gierenderhöhe hinaus zur Hohen Straße (der heutigen Bundesstraße 8) bei Altenkirchen führte. In Melsbach soll der Graf zu Wied einen Geleitzoll erhoben haben. Heute erinnert dort die Straße „Zollweg“ daran. Melsbachs ältestes Kulturdenkmal Kreuzkirche, 1399 erstmals urkundlich erwähnt, liegt an der alten Straße. In Rengsdorf führte sie über die Melsbacher Hohl und „Am Schlag“ durch die mittelalterliche Landwehr „Römergraben“. Hier gab es einen Schlagbaum und eine Verschanzung zur Bewachung und zum Schutz des Wegedurchgangs. Die aus bis zu drei Wällen bestehende Landwehr erstreckte sich vom Laubachtal im Westen bis zum Völkerwiesenbachtal im Osten. Im Waldgelände westlich des Neubaus der Firma Berge und Meer am ehemaligen Bayer-Erholungsheim befinden sich noch Eintiefungen der alten Straße und der Verschanzung. Die mit Gebücken bewachsenen Wälle der Landwehr ermöglichten eine kontrollierte Nutzung des Weges in den Westerwald und ins Neuwieder Becken an einer bewachten Stelle und die Erhebung eines Zolls für den Landesherrn. Mit der Erhebung des Zolls war wohl auch die Gewährung eines Geleitschutzes verbunden. Schließlich hatte der Landesherr für die Unterhaltung der Wege und Schanzen zu sorgen, war er doch daran interessiert, dass Waren durch sein Gebiet transportiert wurden. Die erhaltenen Abschnitte von Wällen und Gräben des „Römergraben“, die Relikte der alten Straße und die Verschanzungen stehen seit Mai 1997 als Denkmalzone unter Denkmalschutz. Vor einigen Jahren sah man in Rengsdorf eine noch ca. 50 m lange Eintiefung südlich der Straße Im Schauinsland unweit deren Kreuzung mit der Melsbacher Hohl, die von der alten Straße herrührte. Sie ist heute im Bereich neuer Wohnbauten nicht mehr erkennbar. Die hier zu betrachtenden Relikte unserer Straße vom Rheintal in den Westerwald nördlich Melsbach sind nur wenig bekannt, jedoch für den aufmerksamen Beobachter unschwer zu finden und zu erkennen. Schon von der Straße von Melsbach nach Rengsdorf (K106) sieht man westlich (links) des Weges die ausgeprägten Wälle und Gräben im lichten Waldgelände. Im Straßenverlauf zwischen den beiden S-Kurven an dem zur Hütte „Elisabethöhe“ führenden Waldweg und dem vor Rengsdorf auftauchenden Waldrand liegen die besterhaltenen Spuren der alten Straße. Gräben und Wälle verlaufen mit einigen Unterbrechungen und unterschiedlichen Profilen in mäßiger Steigung von der K106 bis zum genannten Waldrand auf einer Strecke von fast 300 m bergaufwärts. Dabei ergeben sich Grabentiefen von oft ca. 1,50 m, gemessen von der Grabensohle bis zur Krone des begleitenden Walles. Bemerkenswert sind zwei kurze Abschnitte im nördlichen Bereich von ca. 3 und 4(!) m Höhe. Hier könnte der aus schiefrigem Fels bestehende Untergrund die spätere Verschleifung durch Abschwemmung und Erosion verhindert haben. Streckenweise verlaufen zwei, an einigen Stellen drei Gräben und mehr parallel nebeneinander. Das kann auf zweibahnigen Verkehr, getrennt in bergauf und bergab, hindeuten. Es wird auch damit erklärt, dass man neben den unpassierbar gewordenen unbefestigten Fahrwegen neue Wege anlegte. Bei mehrmaliger Wiederholung konnten so ganze Hohlwegbündel entstehen, für die es im Kreis Neuwied, neben dem von Jürgen Fuchs beschriebenen Hohlwegsystem bei Rheinbreitbach und dem hier vorgestellten weitere Beispiele gibt. Sehr eindrucksvoll z.B. im Hönninger Wald, wo stellenweise vier Wegegeleise als Hohlwege im bergigen Waldgelände nebeneinander verlaufen. Ausgeprägte Hohlwege, teils mehrgleisig, befinden sich u.a. auch am Westhang des Laubachtales bei Ehlscheid, westlich der L265 zwischen Linkenbach und Daufenbach, südlich Anhausen am Parkplatz nahe der L258 und an zahlreichen weiteren Plätzen im Vorderen Westerwald, oft nahe heutiger Straßen. Auf kurze Strecken nebeneinander verlaufende Hohlwege können auch als Überhohlstrecken und Ausweichstellen für den Gegenverkehr an sonst einspurigen Wegeführungen angelegt worden sein. Zuweilen wurden neben den Fahrwegen oder seitlich von diesen abgehend Entwässerungsgräben angelegt. Sie dienten vor allem im bergigen Gelände der Ableitung von starken Niederschlägen, die zu Bächen anschwellend die unbefestigte Erde wegschwemmten und so die Wege immer mehr vertieften, wenn sie nicht über felsigen Untergrund führten. Der Nachweis, ob eine Hohle im Waldgelände, meist sind sie nur dort erhalten, ein Fahrweg oder ein zu Tal führender künstlicher oder natürlicher Entwässerungsgraben gewesen ist, kann oft nur durch eine archäologische Ausgrabung ermittelt werden. Jürgen Fuchs hat in seinem Beitrag anschaulich über die Entstehung, die Aufgaben, den Zustand und den Verkehr auf den alten Wegen berichtet. Zum Transport auf der durch Melsbach führenden alten Straße in Richtung Rheintal gelangten wohl die in der Region gewonnenen Bodenschätze, z.B. Basaltprodukte aus den Bonefelder und Harderter Steinbrüchen als Straßenbaumaterial wie Pflaster-, Rand-, Grenz- und Prellsteine und Schotter. Erz aus den zahlreichen Erzstollen und Pingen gelangte zur Hütte am Rasselstein bei Heddesdorf, soweit es nicht über die Eisenstraße zur Sayner Hütte oder zur nahen Honnefelder Hütte transportiert wurde. Holzkohle von den zahlreichen Meilern in den Wäldern des Westerwaldes dürfte den gleichen Weg genommen haben. Von dem in der Nähe verhütteten Roheisen gingen wohl etliche Fuhren zur Weiterverarbeitung zum Rasselstein. Aus den häufigen Schieferbergwerken im Laubachtal nördlich Melsbach dürfte Dachschiefer den Weg über unsere Straße gefunden haben. Mied man doch zur Zeit der unbefestigten Wege die feuchten und sumpfigen Täler und suchte stattdessen die direkten geraden, manchmal steileren, Verbindungen über die Höhen. Schließlich werden landwirtschaftliche Erzeugnisse zu den Mühlen im Wiedtal und Aubachtal tranportiert worden sein und zum Teil als gemahlene Produkte den entgegengesetzten Weg genommen haben. Die hier beschriebenen alten Wegeführungen nördlich Melsbach wurden im März 2006 durch Rechtsverordnung der Kreisverwaltung Neuwied als Denkmalzone unter den Schutz des Gesetzes gestellt. Eine detaillierte Vermessung des Waldgeländes mit den zahlreichen Erdverformungen ist wünschenswert. Literatur und Quellen: Ahlering, Neben den Wegen. Internet 2003 www.ahlering.de. 13 Seiten. J. Fuchs, Alte Hohlwege in Rheinbreitbach. In Heimat-Jahrbuch 2005 des Landkreise Neuwied, S. 61-67. Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen – Planfeststellungsbehörde, Planfeststellungsbeschluss vom 30. Dez. 1999. A. Meinhardt, Alte Siedlungen und Straßen im Kreis Neuwied. In K.-G. Faber und A. Meinhardt, Heimatchronik des Kreises Neuwied, Köln 1966, S. 31. H. Preißing, „Römergraben“ in Rengsdorf. Spuren alter Geschichte, Archäologie im Kreis Neuwied, Horb a.N. 1996, S. 222-229. H. Preißing, Alte Wehranlagen im Kreis Neuwied XXI. Landwehren, Landgräben, Grenzgräben. In Heimat-Jahrbuch 2004 des Landkreises Neuwied, S. 48-52. Wegespuren bei Melsbach nach links Richtung Rengsdorf