Infos zu Kronprinz Thutmosis, Sohn von Amenhotep III

Ich habe eine etwas ausführlicher begründete Vermutung, die Person “Moses” könnte identisch sein mit der Person des besagten Kronprinzen und würde gerne wissen, ob ich über so ein Thema hier eine Diskussion eröffnen darf (bitte frei von jeder religiösen Verklärung) respektive, ob mir irgendjemand einen Tip geben kann, wo eine solche Diskussion auf solide Weise geführt werden kann. Auf der Seite aegyptologie.com/forum habe ich vor über einem Jahr eine entsprechende Frage gestellt, die nie beantwortet wurde. Das Ägyptische Museum in Berlin reagiert ebenfalls nicht. Nur der Ägyptologe Kent R. Weeks hat mir direkt in Luxor vor Ort nach einem persönlichen Gespräch empfohlen, für dieses Thema so viele Beweise wie möglich zu sammeln - was ich hiermit versuche.

Hallo (Fremder?),

Du hast eine Vermutung und möchtest dafür Beweise sammeln.

Das hört sich nicht nach einer ergebnisoffenen Diskussion an!

Was genau möchest Du also?

Ich habe keine Lust Beweise für Deine Vermutung zu liefern, wenn Du diese nicht einmal teilst!

Das wäre dann irgendwie einseitig…

viele Grüße,

Hugin

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Hallo & vielen Dank für die schnelle Antwort. Ich möchte keine Beweise sammeln, denn ich vermute stark, das es sehr schwierig wäre, echte Beweise zu liefern. Ich möchte eher Beweise dafür sammeln, dass ich falsch liege, dass ich irgendwas nachweisbar falsch interpretiere oder irgendwelche Beweise, Funde übersehen habe. Ich habe eine ganze Menge an Hinweisen. Beweise im Sinne von “das war garantiert so” habe ich nicht, das wäre auch schwierig nach gut 3300 Jahren, noch dazu für einen nicht Studierten unter lauter Ägyptologen. Ich wäre also schon froh, wenn jemand mit entsprechenden Kenntnissen ernsthaft zuhört und mir fundierte Antworten geben kann und will. Meine Hinweise kann ich gerne auflisten, aber es wird eben ein längerer Text, denn es sind viele Hinweise und ich will niemanden langweilen.

 

Ich schließe mal aus Deiner Antwort, an einer nicht einseitigen Diskussion würde Interesse bestehen.

Sollte das der Fall sein wird meine nächste Meldung ein Text mit Auslistung aller meiner Hinweise.

Viele Grüße

Thomas

Vorbemerkung zur Datenbasis Tora / Altes Testament AT

Mir ist bewusst, dass es sich bei dieser Datenbasis um religiöse Schriften handelt, die man nicht wie ein Geschichtsbuch bewerten kann. Trotzdem denke ich, dass die grundsätzlichsten Aussagen zutreffen, also folgende Aussagen:

·       Moses hat als wirkliche Person existiert.

·       Er wurde als hebräisches Kind in Ägypten geboren und in den Hof des Pharaos aufgenommen.

·       Er floh im Laufe seines Lebens von Ägypten nach Midian, also in das Gebiet des heutigen Nordwest-Saudi-Arabien / Südwest Jordanien

·       Er kehrte im höheren Alter nach Ägypten zurück und brachte nach dem Bau der Stadt Piramesse eine nennenswerte Anzahl von Willigen von Ägypten in das heutige Gebiet von Israel.

Ob dies so war, kann wohl niemand „beweisen“, aber es gibt diverse Hinweise darauf, dass es durchaus so gewesen sein könnte.

Gedankengang 1 von 6 – Erstellung eines „Steckbriefs“ von Moses

Es gibt einige antike Historienschreiber, die behaupten, Moses hätte in Kusch, also im heutigen Gebiet südlich von Assuan bis hin zum Sudan einen Krieg gegen die örtliche Bevölkerung geführt. Dies wird behauptet von Artapanos von Alexandria (ca. 200 v.Chr.), Eusebius von Caesarea (260 n.Chr.), Clemens von Alexandria (150 n.Chr.) und Flavius Josephus (35 n.Chr.). Weder Tora noch AT erwähnen hiervon irgendwas.

Philon von Alexandria (zirka 15 v.Chr. bis 40 n.Chr.) berichtet in einer Abhandlung seiner apologetischen Schriften über das Leben von Moses. Hierin wird geschildert, dass Moses „als Sohn der Tochter des Pharaos angenommen“ in der gesellschaftlichen Rolle eines Prinzen aufwächst. Demnach galt er als Tochtersohn des mächtigen Königs und war „nach allgemeiner Erwartung beinahe bereits Erbe der Herrschaft seines Großvaters und führte fast den Titel eines jungen Königs“. Mit anderen Worten, Moses wuchs als Kronprinz auf in Erwartung, der nächste Pharao zu werden und hätte es nach dieser Beschreibung auch „fast“ geschafft.

Das „Buch Jaschar“, das vor der Zusammenfassung aller jüdischen Schriften zum Tanach zirka 597 v.Chr. noch Teil der jüdisch-religiösen Schriften war, heute als verschollen gilt und nur in Form von Zitaten in anderen Schriften überlebt hat ist die einzige Quelle, die davon erzählt, wie alt Moses war, als er das erste Mal aus Ägypten floh:

Buch Jaschar, Kapitel 71, 1:

„Und als Moses 18 Jahre alt war… und er sah einen Ägypter einen seiner hebräischen Brüder schlagen.“

Mal ganz unabhängig davon, was der Grund von Moses für seine Flucht gewesen sein mag, ist dies die einzige Stelle in allen religiösen Schriften, die auf ein konkretes Lebensjahr verweist, zu dem Moses Ägypten verließ.

Nach AT, 2. Buch Mose, Kapitel 7, Vers 7 ist Moses 83 Jahre alt, als er nach Ägypten zurückkehrt, um über den Auszug seiner Leute zu verhandeln. Er muss also gut 60 Jahre lang außerhalb Ägyptens gewesen sein. Die einzige Quelle, die diesen Aufenthalt außerhalb Ägyptens beschreibt, ist die Apostelgeschichte 7, Vers 30 („Die Rede des Stephanus“), die diesen Zeitraum auf 40 Jahre begrenzt. Benötigt werden aber 60 Jahre, es „fehlen“ also gut 20 Jahre

AT, 2. Buch Mose, Kapitel 1, Vers 11

„Da setzte man Fronvögte über es [das Volk Israel] ein, um es durch schwere Arbeit unter Druck zu setzen. Es musste für den Pharao die Städte Pitom und Ramses als Vorratslager bauen.“

Die Stadt Ramses „Piramesse“ wurde um 1980 herum eindeutig lokalisiert und Ramses II zugeschrieben. Sie liegt nordöstlich von Kairo nahe dem Ort Qantir und ist nach allem, was die Archäologie heute behauptet direkt nach der Krönung von Ramses II 1279 v. Chr. zur neuen Hauptstadt ernannt worden. Sie muss um 1278 v. Chr. fertig gestellt worden sein.

Da die Israeliten erst NACH dem Bau dieser Stadt Ägypten verließen und Moses sie angeführt haben soll, muss Moses also zumindest 1278 v.Chr. noch gelebt haben. Nach AT starb er danach und ebenso nach seinem 83. Lebensjahr. Nimmt man als Referenz für ein damaliges Höchstalter das Alter von Ramses II an, der mit 90 Jahren starb, so gehe ich erst einmal (wirklich ganz gegriffen) davon aus, Moses erreichte ein Alter von irgendwo zwischen 80 und 100 Jahren.

Die Route des Exodus durch die Wüste Sinai, also die Distanz Kairo/Jerusalem liegt je nach Weg zwischen 500 und 800 km. Bei einer durchschnittlichen Geschwindigkeit eines Fußgängers von 5 km/h sind bei 3 Stunden Wanderung pro Tag (also 15 km) diese 800 km in 54 Tagen zu schaffen. Selbst, wenn man die Strecke, aus welchen Gründen auch immer verzehnfacht (540 Tage), wäre die Strecke locker in unter 2 Jahren zu schaffen. Sagen wir also einfach mal, Moses sei 2 Jahre nach dem Auszug gestorben, wäre dies also um 1276 v. Chr. passiert.

Ausgehend von 80 – 100 Lebensjahren kommen wir also auf ein Geburtsdatum zwischen 1376 und 1356 v.Chr.

Unser Steckbrief würde also so aussehen:

·       Geboren um zwischen 1376 und 1356 v. Chr.

·       Aufgewachsen als Kronprinz eines Pharaos, aber nicht Pharao geworden

·       Um das 18. Lebensjahr herum Ägypten verlassen

·       Irgendwann vor seinem 83 Lebensjahr ungefähr 20 Jahre lang in Kusch gewesen

·       Irgendwann vor seinem 83. Lebensjahr 40 Jahre in Midian gewesen

·       Mit 83 Jahren nach Ägypten zurückgekehrt

·       Mit gut 90 – 100 Jahren gestorben.

Gedankengang 2 von 6 – Erstellung eines „Steckbriefs“ des Pharaos

Der Pharao, der Moses als Kronprinz „adoptiert“ haben soll, würde so aussehen:

·       Regierungszeit zwischen 1376 und 1356 v. Chr.

·       Muss eine Tochter gehabt haben, die vor Moses geboren wurde

Der 2. Gedankengang ist einfach zu überprüfen. Es gab nur einen Pharao, der zu dieser Zeit regiert hat, es war Amenhotep III (geboren um 1411 v.Chr., Regierung 1388 – 1353 v. Chr. – 35 Jahre). Das erstgeborene Kind dieses Pharaos war eine Tochter namens Sitamun, nach der Historikerin Amélie Kuhrt geboren 1388 v.Chr.

Welche Kinder hatte Amenhotep III? Er hatte zwei Söhne und vier Töchter, Sitamun, Thutmosis, Amenhotep IV (Echnaton), Isis, Henuttaunebu und Nebet-tah. Echnaton wurde als drittes Kind geboren und wurde 1353 v.Chr., nach dem Tod von Amenhotep III der nächste Pharao im Alter von ungefähr 18. Jahren. Echnaton muss also (1353v. Chr. plus 18 Jahre) um 1371 v. Chr. geboren worden sein. Demzufolge muss Thutmosis NACH Sitamun (1388) und VOR Echnaton (1371) geboren worden sein.

Thutmosis war der erstgeborene Sohn, er wäre also ziemlich sicher der nächste Pharao geworden. Allerdings ist er nach offiziellen Quellen im 30. Regierungsjahr von Amenhotep III verstorben. Ausgehend von einem gemittelten Geburtsdatum von 1379 v. Chr. war er also zum Zeitpunkt seines Todes (1358 v. Chr.) ungefähr 20 Jahre alt.

Es gibt eine Person, zu der die aufgeführten Merkmale beider Steckbriefe zumindest bis zum ungefähren 20. Lebensjahr passen. Daraus ergeben sich neue Folgefragen.

Wenn Thutmosis identisch sein sollte mit Moses, kann er nicht lange vor dem Bau von Piramesse gestorben sein. Welche Hinweise gibt es für eine eventuelle Adoption, seinen Tod oder sein „Überleben“ und welche Hinweise gibt es darauf, dass er 20 Jahre lang in Kusch war?

Gedankengang 3 von 6 – Kronprinz Thutmosis als Adoptivkind und seine „Versetzung“ als Vizekönig nach Kusch

Sollte die Geschichte mit der Adoption von Thutmosis zutreffen (Weidenkorb auf Nil ausgesetzt, von der Tochter des Pharaos gefunden usw.), welche Motivation könnte Amenhotep III gehabt haben, seinen wirklich Erstgeborenen Amenhotep IV (Echnaton) von der Thronfolge auszuschließen?

Schaut man auf die damalige Situation Ägyptens, so war die Macht des Pharaos bedroht von der enormen Macht der Priester des Amun im benachbarten Karnak. Diese Priesterschaft war bereits gut 100 Jahre früher unter Hatschepsut massiv protegiert worden, um deren weibliche Regentschaft und den Staatsstreich gegen den eigentlichen Thronfolger Thutmosis III zu akzeptieren. Hatschepsut machte Amun durch diverse Tempelbauten zum Reichsgott, etablierte das Opet-Fest und stellte die Priesterschaft (und damit deren enorme Opfergeschenke der Bevölkerung) unter königlichen Schutz. 100 Jahre später unter Amenhotep III war der Amun-Kult mit zehntausenden Hektar Land, Unmengen von Vieh, Getreide, Kupfer, Silber und Gold so reich, dass er sich immer erfolgreicher in die Machtangelegenheiten des Pharaos einmischen konnte. Wie sehr Amenhotep III darüber besorgt war, kann man aus dem Bau seines Tempels für Amun-Re am Ostufer ablesen. Heute ist dieser Tempel fast völlig verschwunden, nur die Eingangsstatuen von Amenhotep, die heutigen „Kolosse von Memnon“ sind übriggeblieben. Seit den Neunzigern gräbt ein deutsch-italienisches Team in den Ruinen. Damals aber war dieser Tempel mit 700 * 500 Metern der größte Einzeltempel Ägyptens und er muss Unsummen verschlungen haben. Es ist anzunehmen, dass er das „Gegengewicht“ zu Karnak darstellen sollte und auch ein so reicher Pharao wie Amenhotep III hätte so viel Geld niemals ohne Grund investiert.

Bei so einer Besorgnis liegt es nahe zu vermuten, dass Amenhotep III ein besonderes Augenmerk auf seinen Nachfolger legte. Betrachtet man Echnaton etwas genauer, so war dieser weit entfernt von einer starken, kriegerischen, maskulinen Persönlichkeit. Die von ihm erhaltenen Artefakte nach seiner Machtübernahme zeigen einen weichen, grotesk verzerrten Pharao mit ausgesprochen femininen Zügen. Eine Statue von ihm im Ägyptischen Museum Kairo zeigt ihn nackt aber ohne männliche Geschlechtsmerkmale, dafür mit schmalen Schultern und einem sehr weiblichen Becken. Die von ihm erhaltenen Tempelreliefs zeigen idyllische Familienszenen, geküsste Kinder und blumige Gärten. Kriegerische Szenen, in denen er wie so gut wie alle Pharaonen vor ihm bewaffnet die Feinde Ägyptens vernichtet, sucht man vergebens.

Aus dieser Sicht verwundert es nicht, dass so ein Sohn nicht unbedingt die Sorgen von Amenhotep III verringerte. Während der andere Sohn, Thutmosis, mit Titeln überhäuft wurde. Er war „Setem-Priester“, „Prinz“, „Aufseher über die Priester von Ober- und Unterägypten“ und „Hohepriester des Ptah“ in Memphis. Außerdem wird er zusammen mit seinem Vater auf einem Relief in Sakkara dargestellt, auf dem er im Serapeum das Begräbnis eines heiligen Apis-Stieres herrichtete.

Von Echnaton gibt es hingegen keinerlei Darstellungen oder Artefakte aus der Zeit vor seiner Thronübernahme. Lediglich ein einziges, vergleichsweise winziges und unbedeutendes Artefakt wurde von einem amerikanischen Archäologen-Team in den fünfziger Jahren im Königspalast des Amenhotep III im heutigen Malkata, unweit von Luxor gefunden. Es handelt sich um den Verschluss eines Weinkruges, der ein Siegel aufweist und eindeutig dem jungen Amenhotep IV (Echnaton) zugeordnet wurde.

Der Text des Siegels besagt, das der Inhalt des Kruges die „Domäne des wirklichen Königssohnes Amenhoteps“ sei. Was an diesem Siegel sofort ins Auge springt ist der Hinweis auf den „wirklichen“ Königssohn. Dieses Wort besagt eigentlich, dass Amenhotep III nach Meinung von Echnaton auch „unwirkliche“, also falsche Söhne hatte und da dieser Pharao neben Echnaton nur einen weiteren Sohn hatte, besagt dieses Siegel eigentlich, dass Echnaton Thutmosis nicht für einen wirklichen Sohn von Amenhotep hielt. Einerseits kann man daraus schließen, dass Echnaton wusste, das Thutmosis kein berechtigter Thronfolger war (vielleicht sogar, dass er eigentlich ein Hebräer war), andererseits erklärt die Ungeheuerlichkeit dieses Vorwurfs auch, warum eine derart wichtige Aussage auf einem unbedeutenden Weinsiegel nahezu „versteckt“ wurde.

Versetzt man sich nun in die Lage von Amenhotep III, kann man sich die Tragweite dieser Situation verdeutlichen. Thutmosis wäre der ideale Nachfolger gewesen, begabt, männlich, kraftvoll. Aber er war kein Ägypter und auch nicht sein wahrer Sohn. Echnaton wäre berechtigt, war aber von seinem ganzen Wesen her völlig ungeeignet. Amenhotep hatte Thutmosis seit Jahren als Erstgeborenen ausgegeben und ihn mit Titeln überhäuft. Er konnte unmöglich erklären, warum statt ihm nun der völlig verschwiegene „zweitgeborene“ Amenhotep IV (Echnaton) die Thronfolge übernehmen sollte. Er konnte genau so unmöglich Thutmosis zum nächsten Pharao wählen, denn Echnaton wusste um dessen Herkunft. Nur ein Wort von ihm an Karnak wäre für die dortigen Priester das gefundene Fressen gewesen, die gesamte 18. Dynastie zu beenden und selbst die Macht zu übernehmen.

Im 30. Regierungsjahr des Amenhotep III passierten dann drei Dinge auf einmal:

·       Thutmosis verstarb völlig unerwartet.

·       Amenhotep III heiratete seine eigene Tochter Sitamun und erhob sie zur „großen Königsgemahlin“

·       Der bisherige Vizekönig von Kusch, ein Mann Namens Merimose wird als solcher zum letzten Mal erwähnt und ersetzt durch einen neuen Vizekönig mit Namen Thutmosis.

Es gibt genau zwei Belege für den Tod von Kronprinz Thutmosis, beide ausgestellt im ägyptischen Museum Berlin. Es handelt sich um einen aus Speckstein gefertigten Uschepti, der den toten Thutmosis aufgebahrt zeigt sowie um einen aus Kalkstein gefertigten Sarkophag hierfür. Beide Artefakte sind nur wenige Zentimeter groß, im Internet finden sich entsprechende Abbildungen.

Während der äußere Sarkophag beschädigt ist, hat sich der innen gelagerte Uschepti recht gut erhalten. Bei seiner Betrachtung fällt etwas sehr Merkwürdiges auf, nämlich dessen künstlerische Qualität. Man muss sich in Erinnerung rufen, dass Amenhotep III einer der mächtigsten, wenn nicht DER mächtigste Pharao aller Zeiten war. Sich vorzustellen, er hätte für seinen Erstgeborenen einen derart minderwertig gestalteten, grob geschnitzten Speckstein mit fast naiven Proportionen als Grabbeigabe akzeptiert, fällt schwer. Man muss diesen Gegenstand nur mit einer x-beliebigen Grabbeigabe von Tut-Anch-Amun vergleichen, dessen Grab nur wenig später ausgestattet wurde und die künstlerischen Fähigkeiten der damaligen Handwerker demonstriert. Diese Specksteinfigur wirkt eher wie eine Sterbeurkunde denn wie das Geschenk eines Vaters an seinen Sohn, das diesen für den Rest der Ewigkeit erfreuen sollte.

Außer diesen beiden Artefakten gibt es nichts, was auf den Tod von Thutmosis hinweist, kein Grab, keine Inschrift, keine Mumie.

Die Eheschließung mit seiner eigenen Tochter Sitamun ist prinzipiell zur Zeit der Pharaonen nicht so außergewöhnlich, ihre Erhebung zur großen Königsgemahlin hingegen schon und scheint wie ein Hinweis auf den Versuch, die zukünftige Macht von Echnaton zu schwächen. Der wichtigste Punkt jedoch ist der zeitgleiche Austausch des Vizekönigs von Kusch.

Kusch, auch „Nubien“ (das Goldland) genannt, war aufgrund seiner Goldschätze und Handelskontakte mit Schwarzafrika wohl die wichtigste Provinz Ägyptens. Der Posten des dortigen Vizekönigs, des zweiten Mannes im Staat, wurde wohl nicht an jemand Unbekannten, Unwichtigen vergeben.

Die Kapelle Nummer 26 des Vizekönigs von Kusch für Pharao Amenhotep III in Dschabal as-Silsila, zirka 145 km südlich von Luxor, belegt durch die dort gefundene Kartusche von Amenhotep III eindeutig, dass der neue Vizekönig von Kusch, Thutmosis, sein Amt noch zu Lebzeiten von Amenhotep III antrat.

Ein weiterer Hinweis, der belegt, dass der gleiche Vizekönig auch unter Pharao Echnaton diente, findet sich auf der Nil-Insel Sehel, etwa 3 km südlich der Insel Elephantine in Assuan. Dort ist Thutmosis mit samt Namensangabe und dem Titel „Königssohn“ (von Kusch) stehend dargestellt vor dem Krönungsnamen Echnatons. Da der Krönungsname von Echnaton genutzt wurde beweist diese Darstellung, dass Echnaton zu dieser Zeit bereits Pharao und Amenhotep III damit schon verstorben war.

Dies ist insofern bemerkenswert, als dass Echnaton nach seiner Machtübernahme, wohl aufgrund des drastischen Bruchs mit der Religion des Amun und dessen Priesterschaft, so gut wie alle wichtigen Posten des Reiches mit neuem Personal besetzte (vergleiche Publikationen von Frau Dr. Heike Heye der Uni Heidelberg - frühere Publikationen unter dem Namen Heike Guksch - im Jahr 1994 „Königsdienst. Zur Selbstdarstellung der Beamten in der 18. Dynastie, Studien zur Archäologie und Geschichte Altägyptens“).

Und ausgerechnet den wohl wichtigsten Posten im Reich, den des Vizekönigs von Kusch, lässt Echnaton dabei unangetastet? Dies macht nur Sinn, wenn dieser Vizekönig Anhänger Atons war und Echnaton ihn persönlich und gut kannte. Als Bruder Echnatons hätte Thutmosis diese Bedingungen wohl zumindest besser erfüllt als jeder Ersatz.

Gedankengang 4 – Thutmosis / Moses Zeit in Kusch und erste Kontakte zur Religion des YHW

Wie bereits gesagt erwähnen mehrere antike Geschichtsschreiber, Moses hätte in Kusch einen Krieg gegen die dortigen Einheimischen geführt. Da dies kaum geschehen sein kann, als er zeitgleich Kronprinz am Hof des Pharaos war, liegt die Vermutung nahe, dass dieser Krieg danach stattgefunden haben muss. Nun kann man sich wundern, wie ein fast noch jugendlicher, vom Pharao bei Todesstrafe gesuchter Flüchtling es zustande gebracht hat, in der wichtigsten von Ägypten kontrollierten Provinz einen Krieg zu führen. Nimmt man stattdessen an, dass er als Vizekönig von Kusch eingesetzt wurde, wird die Sache schon plausibler.

Im nördlichen Teil des heutigen Sudan, nahe der heutigen Stadt Wadi Halfa, befand sich in der Zeit des Mittleren und Neuen Reiches eine altägyptische Festung Namens Buhen. Zwar ist das Gebiet heute durch den Nasser-Stausee überflutet, aber vor dieser Flutung wurde in Buhen eine Stele gefunden, die der Regierungszeit von Echnaton zugeschrieben wird. Die Stele war bei ihrem Fund schon teilweise verwittert, jedoch konnten Teile des auf ihr vermerkten Textes entziffert werden. Der Text schildert ausführlich, dass der Vizekönig von Kusch unter Pharao Echnaton einen Krieg gegen dortige Aufständische führte:

„Regierungsjahr 12, 3. Monat der Achet-Jahreszeit, Tag 20. Es lebe der Herrscher mit starker Kraft, von Aton geliebt im ganzen Lande…der König von Ober- und Unterägypten, der von Maat lebt, der Herr der beiden Länder, Nefecheprure, der Einzige des Re, der Sohn des Re, der von Maat lebt, der Herr der Kronen Echnaton, groß in seiner Lebenszeit, beschenkt mit Leben für immer in unendlicher Dauer.

Erschienen auf dem Thron seines Vaters Aton wie Re am Himmel und auf Erden tagtäglich. Seine Majestät war in Achetaton, als man kam, um ihm zu melden: Die Feinde vom Lande Akujati sinnen Aufruhr gegen Ägypten! Sie sind bereits zum Lande Kusch hinabgestiegen, um ihnen den Lebensunterhalt wegzunehmen!

Da gab seine Majestät dem Königssohn von Nubien und dem Vorsteher der südlichen Fremdländer Anweisung, ein Heer aufzustellen, um die Feinde vom Fremdland Akujati niederzuwerfen, Männer ebenso wie Frauen.

Man fand den Feind auf der östlichen Seite des Flusses nördlich der Steinbruchzisterne. Es erbeutete sie der kraftvolle Arm des Herrschers in einem Augenblick, und in der Wüste fand ein großes Gemetzel statt, der Fliehende wurde niedergestreckt, als hätte er nie existiert.“

Zur Erinnerung, Thutmosis war nachweislich unter Echnaton der einzige Vizekönig von Kusch. Der Text kann also nur ihn meinen. Interessant ist auch, dass mehrere historische Geschichtsschreiber berichten, besagter Krieg sei durch eine Hochzeit von Moses mit einer lokalen Prinzessin beendet worden. Auch wenn es für diese Story keinerlei Beweise gibt, gibt doch hier sogar das AT direkt einen entsprechenden Hinweis.

AT, 4. Buch Mose, Kapitel 12, Vers 1:

„Da redeten Mirjam und Aaron gegen Mose um seiner Frau willen, der Kuschiterin, die er genommen hatte. Er hatte sich nämlich eine kuschitische Frau genommen.“

Dies ist nebenbei bemerkt der einzige Hinweis in der gesamten Tora/AT auf eine Verbindung von Moses zum Gebiet Kusch.

Im Jahr 1336 v. Chr. endete die Herrschaft Echnatons durch dessen Tod. Der Nachfolger, Tut-Anch-Amun, ernannte ebenfalls nachweislich einen Mann namens „Huy“ zum neuen Vizekönig. Die Herrschaft Echnatons (1353 – 1336 v.Chr.) dauerte also ungefähr 17 Jahre an. Addiert man die letzten Regierungsjahre unter Amenhotep III hinzu, erhält man ziemlich genau die Zeitspanne, die im Leben von Moses bisher ungeklärt blieb (rund 20 Jahre).

Tut-Anch-Amun (oder wohl eher die ihn als 9-jährigen umgebenden Generäle) hob die Religion des Amun wieder in Amt und Würden. Die Religion Echnatons, der Monotheismus des Aton, brachial durchgesetzt um die Macht der Priesterschaft des Amun ein für alle Mal zu brechen (Echnaton und Nofretete waren die damals allein legalen Priester), war nun verhasst. Es ist nur logisch daraus zu folgern, dass nun, gute 20 Jahre nach seinem Fortgehen aus Ägypten, Thutmosis als König von Echnatons Gnaden wirklich fliehen musste.

 

Ägypten war zum Ende der zweiten Zwischenzeit, also unmittelbar vor dem Entstehen des Neuen Reiches mit seiner 18. Dynastie von einer Volksgruppe besetzt, die von den späteren Ägyptern die „Hyksos“ genannt wurden. Mit der Rückeroberung der nordägyptischen Gebiete unter dem Pharao Ahmose I. begann dann die 18. Dynastie und das Neue Reich, zirka ab 1550 v. Chr.

Die Nachfolge-Pharaonen der 18. Dynastie begannen in der Folgezeit mit einer systematischen Eroberung der außerägyptischen Ursprungsgebiete dieser Hyksos, wobei man sich unter „Hyksos“ am ehesten ein Gemisch von oftmals nomadisch lebenden Völkern vorstellen sollte. Ein „Königreich Hyksos“, also ein einheitliches Volk der Hyksos, gab es nicht. Unter Pharao Thutmosis II. um 1480 v.Chr. wurden durch Ägypten auch Gebiete im nördlichen Sinai bis hin in das heutige Palästina (Retjenu) unterworfen. Dabei ging es um die Eroberung von Kupferminen. Das Geschehen ist durch den Fund des Grabes des ägyptischen Beamten namens Ahmose Pennechbet übermittelt, dessen Inschriften in El Kab, einem ägyptischen Dorf 65 km südlich von Luxor gefunden wurden.

In diesem Feldzug unter Thutmosis II wird zum ersten Mal eine Nomadengruppe mit dem Namen „Schasu“ erwähnt. Unter dem Pharao Amenhotep II werden in einem zweiten Retjenu-Feldzug in dessen 8. Regierungsjahr im September 1419 v.Chr. „15.020 lebende Schasu-Beduinen“ als Sklaven gefangen genommen und wohl anschließend auch nach Südägypten verschleppt. Es gibt im damaligen Kusch / Südnubien drei Tempel, in denen die Unterwerfung dieser Schasu erwähnt wird. Im ältesten dieser Tempel, dem Tempel von Soleb, erbaut um 1350 v. Chr. durch Amenhotep III gute 500 km südlich von Assuan, zwischen dem 2. und 3. Nil-Katarakt im heutigen Sudan, erhalten diese Schasu das erste Mal schriftlich fixiert den Namenszusatz „von Jahwe“.

Thutmosis konnte also in seiner Zeit in Kusch durchaus Kontakte zu der (damals noch nicht monotheistischen) Religion des YHW, also des späteren Gottes der Israeliten, gehabt haben. Das Ursprungsgebiet dieser Schasu wird heute im ehemaligen Gebiet „Midian“ verortet, also in genau dem Gebiet, in das Moses lt. Tora/AT floh.

Gedankengang 5 von 6 – Warum kehrte Moses zurück nach Ägypten und warum erst so spät?

Wie bereits erwähnt, sagt die Tora/AT, dass Moses mit 83 Jahren nach Ägypten zurückkehrte. Es stellt sich die Frage, was ihn in einem solch hohen Alter hierzu motiviert haben könnte. Bei einem angenommenen Geburtsdatum von 1376 v.Chr. befänden wir uns 83 Jahre später im Jahr 1293 v. Chr. In genau diese Zeit (1291 v.Chr.) fällt das Ende der 18. Dynastie und die Ramesiden gründen mit Ramses I die 19. Dynastie. Moses konnte also durchaus davon ausgehen, dass alle Personen, die ihn vielleicht noch als Anhänger des Aton hätten identifizieren können, nicht mehr am Leben waren.

Echnaton hatte nach dem anfänglichen Versuch der Etablierung von Aton im heutigen Luxor nach wenigen Jahren entschieden, eine neue Hauptstadt zu gründen – Achet Aton nahe dem heutigen Tell el Armarna, gute 400 km nördlich von Luxor. Die Stadt hatte in ihrer Hochzeit geschätzte 20.000 bis 50.000 Einwohner und wurde nach dem Tod Echnatons nahezu vollständig abgetragen. Bedeutende Reste fanden sich als Füllmaterial in den Pylonen von Karnak. Wenn man bedenkt, dass zwischen dem Tod Echnatons (1336 v. Chr.) und der Machtübernahme von Ramses I (1291 v.Chr.) gerade mal 45 Jahre liegen, dann kann es durchaus sein, dass ehemalige Einwohner von Achet Aton (die wohl im Anschluss nach Luxor zurückkehrten) oder zumindest deren direkte Nachfahren bei der Rückkehr von Moses nach Ägypten noch am Leben waren. Auch kann man wohl davon ausgehen, dass diese ehemaligen Bewohner unter den zurückgekehrten Priestern des Amun kein besonders angenehmes Leben führten. Unterstellt man, dass Moses/Thutmosis wirklich in der Religion des Aton verhaftet war, wäre es durchaus eine vorstellbare Motivation, diese Leute unter einer Aton-Religion in ein neues Leben zu führen. Bei den „Volksstämmen Israels“ könnte es sich also um eine Mischung aus ägyptischen Aton-Anhängern und wirklichen Hebräern gehandelt haben. Zumindest würde das erklären, warum diese Menschen während des Exodus einen „Tanz um das goldene Kalb“ (Hathor) ausführten, was bei reinen YHW-Anhängern eher unwahrscheinlich ist.

Gedankengang 6 von 6 – Verschmelzung von YHW und Aton zu YHW-Adonai

Wenn diese gesamte These zutrifft, dann wäre Thutmosis der perfekte Kandidat für den in der Tora/AT beschriebenen Exodus. Er kannte den ägyptischen Staatsapparat durch 18 Jahre als Kronprinz am Hof des Pharaos. Er hatte nach 17 Jahren der Vizekönigschaft in Kusch ausgeprägte Erfahrungen als Führungspersönlichkeit und er kannte nach 40 Jahren Exil in Midian das Leben in der Wüste. Er hatte sowohl Bindungen an die Kultur der Hebräer wie an den Glauben des Aton. Trotz seines bereits hohen Alters hätte man einen geeigneteren und motivierteren Führer kaum finden können.

Betrachtet man die Gottesfigur des YHW einmal genauer, fällt eine Art merkwürdiger Dualismus auf. Er ist der einzige mir bekannte Gott mit zwei Namen. Sein „Zweitname“ „Adonai“ leitet sich ab vom Wort „Adon“ (Herrscher, der Herrschende), welcher frappierende Ähnlichkeit zum Namen „Aton“ aufweist. Vergleicht man den von Echnaton archäologisch überlieferten „Sonnenhymnus“ mit dem Text des Psalmes 104, ergeben sich viele Ähnlichkeiten und Übereinstimmungen. Auch der Ritus des Beschneidens der männlichen Neugeborenen (1. Buch Mose 17,11) welches „… das Zeichen des Bundes zwischen mir und euch sein soll", ist nachweislich ein Brauch, der vor der Gründung des Judentums in Ägypten bekannt war.

YHW war vor Auftauchen des jüdischen Glaubens ein polytheistischer Wettergott, vermutlich mit Ursprung Mesopotamien/Ur (Abraham), der „Gott der auf den Wolken fährt“. Bis heute hat im Arabischen die Sprachwurzel YHW die Bedeutung von „blasen/wehen“. Die Umgestaltung zum monotheistischen Gott mit Doppelbenamung wirkt „aufgepropft“.

Die erste schriftliche Erwähnung „Israels“ findet sich auf einer Stele des Merenptah (Sohn von Ramses II) aus dem Jahr 1208 v.Chr. Auf dieser Stele findet sich der Satz „Israel ist verwüstet, seine Saat ist nicht mehr“. Dabei wurde „Israel“ grammatisch in einer Art geschrieben, die nicht für einen Staat, sondern für eine Volksgruppe genutzt wurde. Diese Stele grenzt die Zeit des Exodus ein auf 1279 v.Chr. (Bau Piramesse) bis 1208 v.Chr. (erste Erwähnung des Namens „Israel“), was ebenfalls auf Ramses den Zweiten als Pharao des Exodus hinweist.

Randgedanken und konkrete Fragen:

Strabon (63 v.Chr.), ein antiker griechischer Geschichtsschreiber, berichtet, Moses sei ein ägyptischer Priester gewesen, der Menschenmassen aus Ägypten hinausgeführt habe, weil er die Anbetung von Götterbildern oder Götterstatuen verabscheute. Wenn man bedenkt, dass die Anbetung von Götterstatuen genau der Job eines ägyptischen Priesters war, fällt es mir neben der Figur von Thutmosis schwer jemanden zu finden, der mit einer solchen Einstellung ägyptischer Priester geworden wäre.

Ein derartiges Leben (neue Identität in Kusch, neue Identität in Midian) würde auch erklären, warum es so schwer ist, einen historisch realen Moses archäologisch dingfest zu machen.

Sinn dieser ganzen Auflistung ist es, mit jemanden ins Gespräch zu kommen, der sich wirklich mit der Geschichte des Neuen Reiches, explizit der Zeit um Amenhotep III auskennt und mich auf Widersprüche/Unstimmigkeiten in meinen Gedanken verweisen kann. Konkrete Fragen wären z.B.:

·       Weiß jemand von weiteren Funden in Bezug auf ein Grab von Kronprinz Thutmosis oder dem gleichnamigen Vizekönig von Kusch? Der Vorgänger des Vizekönigs Thutmosis, Merimose (Grab Nr. TT 383) und auch dessen Nachfolger Huy (Grab Nr. TT 40) haben gefundene Gräber im Tal der Noblen in Luxor. Zumindest dort existiert aber kein Grab eines Vizekönigs Thutmosis.

·       Weiß jemand von Beigaben im Grab des Tut-Anch-Amun, die auf den Kronprinzen oder den Vizekönig Thutmosis verweisen?

·       Kennt jemand einen studierten Ägyptologen, der Zeit und Muße hat, sich frei von religiösen Aspekten mit diesem Thema auseinanderzusetzen?

So oder so, vielen Dank für die Geduld, diesen ganzen Text zu lesen und viele Grüße

Forschung nach Fakten hinter Mythen finde ich immer interessant. :slight_smile:

Ich fasse mal  ganz kurz zusammen:

Deine These ist, der biblische Moses ist identisch mit Thutmosis, Sohn von Amenhottep III (Amenophis III).

Dein Ausgangspunk war wohl die Namensgleichheit von Sohn und Vizekönig in Kusch? Und die Bezeichnung „Königssohn“ in Inschriften in Kusch? Das kommt aber eher einem Titel gleich, da auch weitere Vizekönige diese Bezeichnung trugen.

Erster Knackpunkt: Adoption versus leiblicher Sohn.

Laut Bibel gefunden von einer Tochter des Pharaos und an Sohnes statt angenommen. Es gibt keinen Beleg für eine direkte Adoption durch den Pharao. Und eine Vortäuschung (wie du annimmst), es sei ein eigener leibliche Sohn, halte ich bei einem Findelkind für unwahrscheinlich. Denn dass sich ein Baby gegenüber dem leiblichen Sohn als als vielversprender herausstellen würde.

Aber: Die Findelkindgeschichte könnten die Bibelautoren auch als Legende erfunden haben, um diese Person, welche historische Gestalt auch immer als Vorbild gedient hat, zu einer der “Ihren” zu machen.

Zweiter Knackpunkt: Thutmosis ist „offiziell“ jung gestorben.
Das fängst du auf mit einem „läppischen“ Uschepti, der eines Königssohns nicht würdig ist. Also ein königlicher Fake? Von Amenhotep III, um einen bevorzugten, aber nicht so legalen Nachfolger in Kusch als Vizekönig irgendwie in der „Hinterhand“ zu halten?

Dass Echnaton nach Vaters plötzlichem Tod von seinem nun offiziell toten Konkurrenten profitiert, hast du schön erklärt. Auch die folgenden Lücken in den Biographien hast du mit überzeugenden Überlegungen gefüllt.

Übrigens:

Während des Lesens und Nachdenkens habe ich mich an eine vor Jahren im TV gesehene Dokumentation erinnert, in der es auch um den Mythos Moses und die historische Identifizierung dieser Figur ging. Ich habe sie bei YouTube wiedergefunden. Da spricht Dr. Rolf Krauss (HU Berlin) von der Biografie eines aufständischen Pharaos (Amun-Masesa / Amenmesse) als Vorbild für die biblische Geschichte des Moses. Hier sein Buch zum Thema:

https://www.zvab.com/buch-suchen/titel/das-moses-raetsel/autor/krauss/

LG Barbara

P.S.: Ich habe eben erst bemerkt, dass du deinen Thread als schon “bestens beantwortet” markiert hast. Hast du ein Glück, dass ich deine Ausführungen trotzdem noch komplett(!) gelesen habe.

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Hi,
also ich finde die Ausführungen recht interessant.
Vermutlich wird niemand mehr bezweifeln das die jüdische Religion ägyptische Wurzeln hat.
Ein deutlicher Hinweis darauf sind z.b. der Schaubrottisch, der den reichlich gedeckten Tischen des Aton-Kultes gleicht und weitere.
Ich bezweifle allerdings das ein 83jähriger auf einen Berg klettert um die Gesetze Gottes zu empfangen und dann mit 2 Steintafeln wieder bergab zu steigen. Zudem lag die durchschnittliche Lebenserwartung viel niedriger.
Auf der anderen Seite denke ich das Gott hier mit dem göttlichen  Amenophis III  identisch ist und der Vertrag mit Gott die Stationierung von Truppen im Gebiet Retenu unter einem Stadthalter  darstellte, was von der Bibel als “Buch der Richter” interpretiert wird. Dem voraus ging vielleicht die Schlacht am Jabbok, die zur Verleihung des Titels “Israel” (Gotteskrieger) führte.
Da Echnaton offenbar keine Kriege führte obwohl ihm zahlreiche Hilferufe erreichten, stattdessen aber Amarna erbaute und dort eine hohe Sterblichkeit Jugendlicher, wie auch verschiedene Seuchen auf dem Friedhof nachgewiesen wurden, glaube ich nicht das Einwohner von Amarna nach Israel auswanderten weil sie weiter an Aton glauben wollten.

Meiner Meinung nach ist es plausibler wenn die in Retenu zurückgebliebenen Stadthalter mit ihrem Truppenkontingenten ebenfalls den neuen Reichsgott übernahmen. Die Tafeln Gottes mit den 10 Gesetzen könnten als Stelen mit den Priesterregeln für den ersten Aton-Tempel ausserhalb Ägyptens gesandt worden sein. Das würde Sinn machen.
Sollte Echnatons Sohn Tutanchamun tatsächlich einen Krieg geführt haben, hätte ihn dieser sicher nach Kanaan geführt und die dortige Bevölkerung in ihrem Glauben an den neuen Reichsgott bestärkt.
Möglicherweise hat er auch weitere Truppen in Retenu stationiert, sodaß der Auszug aus Ägypten eigentlich der Auszug von Soldaten aus Ägypten wäre, die ja unter Thutmoses I., Thutmoses III., Amenophis III, und Tutanchamun mit Sicherheit auch abtrünnige lokale Stadthalter bestraft haben.  Das würde auch die unzähligen Generationen von Richter erklären die es vor den Königen gab.
Dann kann der Kronprinz Echnatons tatsächlich gestorben sein bevor er den Thron besteigen konnte. Falls er jedoch zum Zeitpunkt von Echnatons Tod lebte, hätte das sicher einen Thronstreit zwischen diesem Kronprinzen Thutmoses und dem jüngeren Bruder Tutanchamun ausgelöst.
Und ähnlich wie bei König Artus könnten auch Thutmosis III, Amenophis III, Echnaton, Kronprinz Thutmosis und Tutanchamun zu einer Person Moses verschmolzen sein. 

zuluman

Hallo Zuluman,

ich habe mir mal durchgelesen was du da so über den Glaubenstransfer von den Atonanhängern zu den Israeliten schreibst.

@zuluman schrieb:
Vermutlich wird niemand mehr bezweifeln das die jüdische Religion ägyptische Wurzeln hat.

Die Wurzeln vielleicht im Hinblick nur einen Gott zu verehren.  So wie du das aber hier darstelltst wäre die Religion von ägyptischen Anhängern des Aton ja ausserhalb Ägyptens weiter praktiziert worden und dem Volk Israel gelehrt worden.

Da unterscheiden sich aber die beiden Götter Aton und Jahwe gewaltig von einander. Aton war der einzige Gott und das auch über die Fremdländer. Er war der Schöpfergott.

Ganz anders war Jahwe erst nur einziger Gott für Israel ( Monolatrie ) , ohne  dass die anderen Götter geleugnet wurden. Es gibt genügend Stellen in der Bibel wo von ihnen die Rede ist und sogar Jahwe erwähnt sie. Hier nur drei Beispiele:

2.Mose 12,12

Denn ich will in derselben Nacht durch Ägyptenland gehen und alle Erstgeburt schlagen in Ägyptenland unter Mensch und Vieh und will Strafgericht halten über alle Götter der Ägypter, ich, der HERR.

Josua 24,15

Gefällt es euch aber nicht, dem Herrn zu dienen, so wählt euch heute, wem ihr dienen wollt: den Göttern, denen eure Väter gedient haben jenseits des Stroms, oder den Göttern der Amoriter, in deren Land ihr wohnt. Ich aber und mein Haus wollen dem Herrn dienen. 

Psalm 136

…danket dem Gott aller Götter, denn seine Güte währet ewiglich.

ENDE

So ganz als alleiniger Gott Israels konnte sich Jahwe aber nie durchsetzen. Neben Baal (Donner-Blitz und Regengott ) wurden auf Hausaltären und Bergheiligtümern die Aschera ( Frau Jahwes? ) verehrt.

Aschera

Ahab König von Israel

1 Kön 16,29 Ahab, der Sohn Omris, wurde König von Israel im achtunddreißigsten Jahr des Königs Asa von Juda. Er regierte in Samaria zweiundzwanzig Jahre über Israel

1 Kön 16,30 und tat, was dem Herrn missfiel, mehr als alle seine Vorgänger.

1 Kön 16,31 Es war noch das wenigste, dass er an den Sünden Jerobeams, des Sohnes Nebats, festhielt. Er nahm Isebel, die Tochter Etbaals, des Königs der Sidonier, zur Frau, ging hin, diente dem Baal und betete ihn an.

1 Kön 16,32 Im Baalstempel, den er in Samaria baute, errichtete er einen Altar für den Baal.

Erst im Babylonischen Exil und der Auseinandersetzung mit der babylonischen Religion wurde die Herrschaft Jahwes ausdrücklich ausgedehnt auf die ganze Welt. 

Jahwe wurde auch nicht mit der Sonne versinnbildlicht oder als Sonnengott verehrt. Das war aber das Wesen von Aton, dessen Lehrname u.a. “Re der Vater, der als Sonnenscheibe (Aton) kommt”.

Schon Vater und Großvater von Echnaton hatten mit Re wieder den Sonnengott in den Vordergrund gestellt . Es heißt, dass die Amun-Priester immer mächtiger wurden und dem Pharao geradezu schon ebenbürtig waren.

@zuluman schrieb:
Ein deutlicher Hinweis darauf sind z.b. der Schaubrottisch, der den reichlich gedeckten Tischen des Aton-Kultes gleicht und weitere.

Das ist nun ein schlechtes Beispiel, denn Echnaton baute seine Tempel Lichtdurchflutet und opferte Speisen auf unzähligen steinernen Altären im  Lichte des Aton.

http://www.v4a-music.de/Amun-Ra/content/achet-aton%20tempel.htm#Opfer

Im Gegensatz dazu wurde das Schaubrot im  abgeschirmten Allerheiligsten vor Jahwe auf einen Tisch gelegt. Die Tische waren auch nicht reichlich gedeckt.

ZITAT:

Die Beschreibung der Ritualgegenstände in Exodus 25 wird von den Exegeten einhellig der Priesterschrift zugeordnet. Die Forschung interessiert sich nicht für den Tisch als solchen, sondern für die aufliegenden Brote. Sie galten als Nahrung, die vor dem Kultbild hingestellt wurde.  Es handelt sich demzufolge um eine Praxis, die aus Tempeln des Alten Orients, und besonders Babyloniens, gut bekannt ist.   ENDE

Solche Beispiele gab es in Ägypten auch, aber eben nicht oder gar explizit für Aton.

Daneben gab es viele Abbildungen in Gräbern und Totentempel  mit gedeckten Tischen für den Verstorbenen als Nahrung im weiteren Leben.

Opfertisch Iunu, 4.Dynastie

Speiseopfer für Re-Harachte, 680 v.Chr.

Speisen für den Nilgott, Ramses II.

Bei Geschichte Israels muß man bedenken, dass sie in und nach der Babylonischen Gefangenschaft niedergeschrieben wurde. Einiges ist aus babylonischen Quellen übernommen worden , aber man lebte auch vorher nicht isoliert.

ZITAT:

In Mesopotamien war ein wesentlicher Bestandteil des täglichen Kultes die Präsentation von Mahlzeiten auf einem Tisch für das göttliche Bild im Tempel in einer für einen König geeigneten Art und Weise. 

Den Göttern Mahlzeiten anzubieten, war eine grundlegende Praxis in der hethitischen Religion, wo das Essen, einschließlich gekochtes Fleisch, vor der Gottheit auf den Altar oder einen tragbaren Opfertisch gestellt wurde. ENDE

Hier mal ein paar Beispiele aus diesem Raum:

Maras, (9. Jh. v. Chr.). Hethitisches Königreich von Gurgum.

https://vici.org/image.php?id=10503

https://www.hittitemonuments.com/maras/maras32-t.htm

Fazit:

Tisch mit Speisen für Götter oder Speisen für das Leben im Jenseits gab es sowohl in Ägypten wie im weiteren Vorderen-Orient.  Weniger eignen sich aber die Speiseopfer für Aton durch Echnaton als Vorbild für die Schaubrote Israels.

Fortsetzung:

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@ ;zuluman schrieb:
Sollte Echnatons Sohn Tutanchamun tatsächlich einen Krieg geführt haben, hätte ihn dieser sicher nach Kanaan geführt und die dortige Bevölkerung in ihrem Glauben an den neuen Reichsgott bestärkt.

Wohl kaum !

ZITAT:

Der unmündige König war leicht dazu zu bringen, die Verehrung des Gottes Aton zu beschränken und die Verhältnisse vor Echnatons Revolution wiederherzustellen.

Er änderte seinen Geburtsnamen von Tutanchaton ( Lebendes Abbild des Aton ) in Tutanchamun (Lebendes Abbild des Amun oder zu Ehren des Amun ) und den seiner Gemahlin von Anchesenpaaton (Sie lebt für/durch Aton ) in Anchesenamun ( Sie lebt für/durch Amun ).
 

 

Nach der im zweiten Regierungsjahr vorgenommenen Aufgabe von Echnatons neu gegründeter Hauptstadt Achet-Aton (Tell el-Amarna),

 

zog der Königshof nach Memphis um; nicht nach Theben, wie oft fälschlich zu lesen ist.

ENDE

Du solltest dir mal die archäologischen Fakten aus Ausgrabungen und Schriftdokumenten anschauen. Hiermit kannst du anfangen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Historische_Exodus-Forschung#Apiru_und_Hebr’e4er

Bei der Geschichte Israels sollte man bedenken, dass der Auszug aus Ägypten und das Herumziehen als landlose Hirten wohl über Jahrhunderte ging. Die Wissenschaft ist sich auch einig, dass das nicht im Kollektiv stattfand, sondern nach und nach in Sippen oder Verbänden. Gravierende Ereignisse wurden wohl mündlich weitergegeben und erst viel später schriftlich festgehalten und letztlich zu einer zusammenfassenden Geschichte über das Volk Israel.
 

Gruß

Kurti

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