Ausstellung "Bewegte Zeiten"

Hi zusammen,

wir haben uns am Samstag auf den Weg nach Berlin gemacht, um die epochale Ausstellung der besten Funde aller Landesämter anzuschauen.
Hingefahren sind wir mit sehr hochgesteckten Erwartungen, ob der angekündigten Exponate und des Konzeptes und in Bezug auf diese beiden Punkte wurden wir nicht enttäuscht, aber die Umsetzung des Ganzen schlug m.E. ganz tief unter die Gürtellinie…

Die Art und Weise, in der die Funde präsentiert wurden, habe ich nur selten in kleinen Dorfmuseen erlebt.
Nur einige Punkte aus der Frustliste:

  • Die Vitrinen waren allesamt zu flach angelegt
  • Die Beschriftung der Exponate oft unzulänglich
      - in vielen Vitrinen lagen nur Beschreibungen ohne numerischen Bezug auf die Funde, so daß Besucher      ohne Vorkenntnisse mit Sicherheit keine Zuordnung zwischen Beschreibung und Fund herstellen konnten
      - teils waren die Beschriftungen ohne Bezug zum Objekt an vollkommen anderer Stelle angebracht
      - Schrift sehr kein…

Das größte Manko war aber die kaum  vorhandene Ausleuchtung…
In einigen Fällen mag das mit Lichtempfindlichkeit zu erklären sein, aber im Gros der Fälle nicht.
Die meisten Vitrinen waren nicht beleuchtet, sondern nur durch das an sich schon dürftige Deckenlicht “erhellt”. Dies befand sich aber in der herausragenden Position hinter dem Betrachter, so daß jeder der sich zu dem tief in der Vitrine verborgenen Fundstück vorbeugte, dieses, wie auch die kleine Beschriftung verdunkelte, was wiederum dazu führte, daß Besucher sich die Funde im Schein von Taschenlampen oder Mobilphoneleuchten anschauten…

Aber ich will ja nicht nur meckern…
Was durchaus  positiv auffiel, war der Einsatz der digitalen Möglichkeiten um Befunde Stück für Stück zu erklären und dann im “rekonstruierten Realzustand” abzubilden.
Das Konzept, Funde aller Epochen auf verschiedene, die menschliche Entwicklung und den technischen Fortschritt gerichtete Themenbereiche aufgeteilt zu präsentieren gefällt mir sehr.
Auch die Ausstellung der ganz besonderen Schmankerl (Goldhüte, Himmelsscheibe, Seddiner Grabausstattung…) war m.E. ganz gut gelungen… wobei hier wiederum ein wenig mehr Lesestoff gut getan hätte)

Letztendlich kam mir der Gedanke (natürlich erst heute, also zu spät), daß ich mir vielleicht doch einen Audioguide hätte holen sollen. Vielleicht wurden ja hier Informationen und Beschreibungen so präzise vermittelt, daß das Anschauen in den dunklen Vitrinen nicht notwendig wäre…

Mit enttäuschtem Gruß
Irminfried

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Hallo Irminfried,

mir geht es ganz ähnlich wie Dir, d.h. die von Dir genannten Kritikpunkte (schlechte Ausleuchtung, zu kleine und zu dürftige Beschreibung) würde ich auch so unterschreiben. Hinzufügen würde ich noch die viel zu dichte Aufstellung der Vitrinen. In manchen Räumen sind sie so dicht gestellt, dass gerade mal eine Person zwischen zwei Vitrinen passt - und dabei muss man aufpassen, dass man nirgends anstößt, wenn man sich nach unten beugt, um die Beschriftung zu entziffern.

Man hat an manchen Stellen den Eindruck, man wollte die Besucher durch die schiere Masse an Exponaten “erschlagen”. Hauptsache, mal alles ausgestellt, was es in den letzten Jahren mal  in die “Schlagzeilen” geschafft hat.

Ganz besonders enttäuscht war ich von der Präsentation des Schöninger Speers. Der war sehr lieblos in eine Acrylglas-Vitrine an die Wand gehängt, brauner Speer vor braunem Textilhintergrund und ohne jegliche Ausleuchtung. Und das in einem der dichter gestellten Räume. Ich hatte den zunächst gar nicht bemerkt, weil ich die Exponate in der Vitrine davor angeschaut habe und mich wg. der Beschriftung herunterbeugte. Als ich mich dann wieder aufrichtete und dabei umdrehte, wäre ich fast mit der Nase gegen die Speer-Vitrine gerannt. Und die Beschriftung zum Speer war dann auch äußerst spärlich, so in der Art “Holzspeer, Paläolithikum”  :open_mouth:

Kurz: Man hat so ziemlich alles dafür getan, dass dieses Objekt möglichst nicht von den Besuchern bemerkt wird und falls doch, dann sollten sie bloß keine Vorstellung von der Bedeutung dieses Stücks bekommen. Ein Holzspeer, das sieht man ja …  Paläolithikum, aha.

Hätte man geschrieben “Das Ding ist 300.000 Jahre alt und die älteste bekannte Jagdwaffe der Menschheit” und nur ein kleines bißchen besser in Szene gesetzt (bessere Beleuchtung, ein Hintergrund, vor dem sich das Objekt rein kontrastmäßig besser abhebt), hätten die Besucher schon ein ganz anderes Aha-Erlebnis gehabt.

Aber gut, ich will auch nicht nur meckern:
Natürlich ist es schon beeindruckend, die ganzen Funde, von denen man sonst nur gelesen oder sie in Abbildungen gesehen hat, auch mal “in echt” zu sehen.
Und bei einigen Inszenierungen sind ja auch gute Ideen umgesetzt worden (wie zum Beispiel beim Thema “Fortbewegung” die Holz-/Bohlenwege aus verschiedenen Zeiten, die zu einem fortlaufenden “Weg durch die Zeiten” zusammengestellt wurden).

Ich vermute mal, dass so manche Sachzwänge dazu geführt haben, dass die Ausstellung einen so gemischten Eindruck hinterläßt: zu kurze Vorbereitungszeit, zu wenig Geld, zu wenig Platz und zu viele Funde (schließlich sollte ja jedes Bundesland mit seinen Highlights vertreten sein).

Trotz aller Kritik finde ich, dass sich der Besuch gelohnt hat.

Hi Andreas,

den Schöninger Speer hatte ich nicht erwähnt, weil ich die “Präsentation” eigentlich nur mit “Fäkaladjektiven” beschreiben könnte… (hat aber Mutti verboten ;-)  )…

Dieser Fund hätte in dem Raum eine zentrale Stelle einnehmen müssen…

Ich weiß nicht wie die Umsetzung durchgeführt wurde…

Hat jedes landesamt seine eigenen Vitrinen gestaltet? Denn in einigen wurde ja immerhin versucht, durch Nummerierung ein wenig Übersicht zu schaffen…

Gruß

Irminfried