König oder Kaiser?

Hallo an alle Trotz vieler Fragen und vielem lesen ist mir nicht klar, was genau einen Kaiser von einem König unterscheidet. Ist ein Kaiser ein “Oberkönig”, der über mehrere Königreiche gebietet? Liegt es an der grösse des Gebietes über das er herrscht? Liegt es an seiner Machtbefugnis? Wieso ist dann Elisabeth II, die einmal Kaiserin von Indien war, nicht Kaiserin sondern nur Königin von England? Wieso hat, bzw. konnte sie den höheren Titel ablegen? Das flächenmässig nicht so stark von England unterschiedliche Japan hat einen Kaiser (Tenno), der jedoch über lange Zeit sehr viel weniger - reale - Macht als die Shogune hatte. Wer oder was macht also aus einem König einen Kaiser? Ich hoffe dass mir die historisch bewanderten Leute in diesem Forum eine klare Antwort geben können. Mit vielem Dank im voraus

Hallo, zu Indien und Japan kann ich nichts sagen, aber was die deutschen Kaiser (des heiligen römischen Reiches deutscher Nation) anbelangt, so war es der Papst, der sie dazu machte. Die Kurfürsten wählten den König, der Papst “beförderte” ihn dann zum Kaiser. Gruß Thorsten

Lieber Thorsten Vielen Dank für deine schnelle Antwort. Daß die Päpste sich in ihrem Bereich das (alleinige) Recht zur Kaiserkrönung anmassten und sicherten war ja zu erwarten. Schliesslich sind sie ja “unfehlbar”. Das erklärt für mich aber noch nicht, wieso “Tenno”, “Schah” und “Negus” ebenso als “Kaiser” übersetzt werden. Ebensowenig, warum Elisabeth II. in der Zeit als sie noch Kaiserin von Indien war, nicht als “empress” sondern weiterhin als “queen” bezeichnet wurde. Schliesslich wird ein Professor ja auch mit “Herr Professor” angesprochen und sein “niedrigerer” Doktortitel weggelassen. Eine Idee habe ich noch dazu: könnte es sein, dass der Kaiser nicht nur weltlicher sondern auch religiöser Machthaber ist? Immer noch ratlos

Hallo Volker, die außereuropäischen Länder will ich wie gesagt erstmal ausklammern. In Europa war Elisabeth eben Königin von England, ihr Titel in den Kolonien war relativ willkürlich wählbar und sollte wohl nur soviel wie “oberste Herrscherin, noch über den lokalen Herrschern stehend” ausdrücken. So wie Wallenstein Generalissimus heißen wollte, um seinen höheren Rang gegenüber den Generälen auszudrücken. Die Begriffe Schah, Zar und Kaiser leiten sich von Cäsar ab. Als Karl der Große sein Reich schuf - ein Teil davon wurde später zum deutschen Reich - wollte er halt an das römische Reich anknüpfen. Auch die Bezeichnung “heiliges RÖMISCHES Reich deutscher Nation” will an antike, länderübergreifende, Jahrhunderte überdauerne Größe und Macht erinnern. Du hast die Kombination von weltlicher und geistlicher Macht erwähnt. Das ist in der Tat der zentrale Gedanke des Kaisertums, zumindest in den ersten Jahrhunderten seines Bestehens. Es war im religiösen Mittelalter durchaus im Interesse des (weltlichen) Königs, die größtmögliche Legitimation für seine Herrschaft dadurch zu erringen, dass er vom Papst durch die Kaiserkrönung bestätigt wird. Ein Arrangement zum beiderseitigen Vorteil. Der Kaiser erhält religiöse Autorität, die er vor allem am Anfang oft gut gebrauchen kann, denn seine Herrschaft beruht dann häufig auf wenig mehr als die Macht seiner Waffen wie im Fall Karls des Großen. Nur zu leicht kann alles wieder auseinanderfallen, wenn er seine militärische Machtstellung verliert. Der Papst andererseits profitiert theoretisch von der weltlichen Macht des Kaisers. In der Praxis werden beide freilich stets versucht haben möglichst wenig von ihrer Macht abzugeben. Mit Beginn der Neuzeit (ab etwa 1500) hatte die Religion deutlich an Autorität und Macht verloren. Mehr an religiöser Autorität als an weltlicher (finanzieller) Macht. Zwar wollten die deutschen Könige immer noch Kaiser werden, aber die Mühe nach Rom zu fahren haben sie sich nach Karl V. nicht mehr gemacht. Die Krönung war dann in Frankfurt. Ihre Machtstellung war viel unbedeutender als zu Zeiten Karls des Großen. 1806 hörte das heilige Römische Reich deutscher Nation auf zu existieren. Der (habsburger) Kaiser “wollte nicht mehr”, zumal das Reich durch die Stellung Napoleons zunehmend Makulatur wurde. Kaiser im Sinne von Oberherrscher gab es zwar auch später noch (Deutschland, k.u.k. Monarchie), jetzt ohne besonderen religiösen Bezug, sondern “nur” noch als Oberherrscher, als Herrscher über Machtgebilde, die den Staaten übergeordnet waren. Die Tatsache, dass die letzten Kaisertümer erst am Ende des ersten Weltkriegs verschwanden, nach über einem Jahrtausend europäischer Geschichte, zeigt eines ganz deutlich: Der Gedanke, Teil einer übernationalen Gemeinschaft zu sein war für die beteiligten Staaten durchaus reizvoll. Dadurch (und nicht durch Zwang) sollte die Idee des Kaisertums so lange Bestand haben. In gewissem Sinne lebt sie noch heute in Gestalt der UNO oder der EU fort. Viele Grüße, Thorsten

Lieber Thorsten Deine Antwort ist sowohl schnell als auch ausführlich, wofür ich dir auch dankbar bin. Jedoch geht sie an meiner Frage vorbei. Insbesondere, da sie die aussereuropäischen Aspekte vollkommen ausser acht lässt. Wie ich bereits in meinem ersten Post geschrieben habe, habe ich viel gefragt und viel gelesen. Daher sind mir die europäischen Verhältnisse grösstenteils bekannt. Auch die Ableitung von “Cäsar” ist mir geläufig. Diese Ableitung ist aber weder auf “Tenno” noch auf “Negus” anwendbar. Daher nocheinmal meine Frage: Aus welchen Gründen nennt man den Herrscher über ein Volk einmal “König” und ein anderes mal “Kaiser”? Oder anders gefragt: Was muss ein König tun/haben/sein (päpstlichen Segen ausgenommen) um als Kaiser betitelt zu werden? Immer noch so unwissend wie am Anfang Mit freundlichen Grüssen

Hallo Volker, langsam bin ich etwas unschlüssig, ob es dir um die Position (Oberkönig, wie du eingangs vermutetest), um ihre weltweiten Bezeichnungen oder um etwas anderes geht. Die Position dürfte ja nun klar sein. Hoffentlich erhälst du noch die Antwort die du suchst. Viele Grüße, Thorsten

Hallo Thorsten Nachdem ich deinen ursprünglichen post gelesen hatte war ich ersteinmal sauer und wollte eine entsprechende Antwort geben. Ich bin froh, dass ich gewartet habe, denn mit der überarbeiteten Version kann ich gut leben. Ich versuche jetzt meine Frage nochmal zu verdeutlichen: Wer legt (insbesondere bei nicht europäischen Herrschern, deren Titel sich nicht von Cäsar ableiten lässt und die nie etwas mit dem Papst zu tun hatten) fest, dass der Titel mit “Kaiser” (siehe Tenno und Negus) zu übersetzen ist.Ist das ein Übersetzer oder ein Historiker oder… Und geschieht das willkürlich oder nach welchen Regeln? In der Hoffnung meine Frage jetzt klar genug formuliertzu haben

HI! Ihr zwei habt Euch ja ein heißes Gefecht geliefert. :stuck_out_tongue_winking_eye: Aber ich habe da auch mal eine Frage an Volker: Hast Du Dich mal informiert wie die Machtverteilung der “ausländischen Kaiser” informiert? Denn wenn sie neben dem staatlichem auch religiöses Oberhaupt sind, dann kannst Du Dir Deine Frage ja quasi selbst beantworten. Ich denke die Historiker haben versucht den passensten Begriff zu wählen. Ciao Jana

Hollo Jana Deine Vermutung liegt nahe und wäre die einfachste Erklärung. Ich will mir aber nichts “zusammenreimen” sondern eine fachlich fundierte Aussage erhalten. Ausserdem ist dann da immer noch das Problem mit Elisabeth II. , die ja auch gleichzeitig Oberhaupt der anglikanischen Kirche ist… Liebe Grüsse

HI! Also ich habe jetzt mal ein wenig recherchiert. Kann Dir folgende Lösung anbieten: Schon vor Victoria, die erste Britische Königin, welche Kaiserin wurde, gab es in Indien etwas vergleichbares zum Kaiser (ob nun selbst erwählt wie beispielsweise Maximilian I. [1508] sei mal dahin gestellt). Ich würde also meinen, dass sie den Titel einfach übernommen hat, als man es ihr anbot. Meiner Meinung nach waren ab dem 19.Jh. Kaisertitel eh nur noch formale Herrscherbezeichnungen ohne genau festgelegten Hintergrund, schau Dir Deutschland an. Ein “künstliches Kaisertum”. Wo bitte war da der Unterschied zum Königtum? Ciao Jana PS: Vielleicht gibt es ein Indienforum und dort kann Dir jemand diese Frage beantworten.

Hallo Jana, Hallo Thorsten Nach einigen Recherchen(natürlich nicht nur in diesem Board) bin ich nun zu folgenden Schlüssen gekommen: 1) Der Kaiser wurde entweder durch den Papst “ernannt”, 2) er hat sich den Titel angemasst (z.B.Napoleon, Franz II.) 3) sein eigentlicher Titel wurde einfach so übersetzt (z.B. Tenno, Negus) 4) er bekam den Titel als “Bonbon” von Kolonialmächten (z.B. Mexico) Also alles in allem eine relativ armselige Sache für einen solchen Titel, da entweder fremdbestimmt (1,3,4) oder angefeindet (2). Da hatten es doch die Könige besser. Daraus erklärt sich für mich auch der Verzicht von Elisabeth II. Vielen Dank für eure Hilfe

Auch wenn die Diskusion etwas älter ist, möchte ich darauf hinweisen, dass seine Majestät der gewählte Kaiser von Frankreich Napoleon Bonaparte I. ein Kaiser von rechtswegen ist. Er wurde vom Volk dessen Staat er anführte gewählt und erhielt bei seiner Krönung den Segen des Papstes. Zum Unterschied zwischen Kaiser König: Der Unterschied ist Zeitbezogen: In der Antike(römisches Reich) gilt Caesar(bitte nicht mit ä schreiben, sieht schäbig aus) als Imperator,Diktator und Pontifex Maximus auf Lebenszeit. Später wird ein Kaiser zwischenzeitlich als ein König über Königen(Fürsten,Herzogen, Markgrafen etc) gesehen. Wie z.B. der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation. Nach dem fall des Kaisers von Europa(Seine Majestät der gewählte Kaiser von Frankreich Napoleon Bonaparte I.) gilt diese Bezeichnung eigentlich nur noch als Prestige Objekt.

Hi Leute! Will nur mal ein kleines Missverständnis am Rande ausräumen: Der Titel “Negus” wird gewöhnlich nicht mit Kaiser, sondern mit König übersetzt. Die äthiopische Entsprechung von Kaiser ist hingegen “Negus Nagast”, also wörtlich “König der Könige”. Darin liegt bei außereuropäischen “Kaisern” auch wohl häufig die Lösung: Ein Oberherr, der über ein Reich gebot, das mehrere kleinere, für sich relativ selbstständige Teilreiche umfasste, wurde halt oft mit “Kaiser” übersetzt und die Herrscher der Teilreiche mit “Könige” - in Anlehnung an die (zwar nicht de-jure, aber de-facto-)Oberhoheit des römisch-deutschen Kaisers über die vielen auf dem Boden seines Reiches regierenden Könige. Das gilt insbesondere für China und Indien. Japan fällt allerdings bei dieser Erklärung eher raus - die einzelnen Feudalsitze wurden meines Wissens nie “Königreiche” genannt. Indy75

Da werden wohl die Shogunate abhilfe schaffen müssen :slight_smile: Das Heilige römische Reich Deutscher Nation bestand ja auch mehr aus Fürsten- und Herzogtümer als aus Königreichen!

Moin moin, wie wärs damit? Guckst Du: http:
und guckstDu:
http:

Da guck ich immer gerne…:wink:
</http:></http:>