Archäologie studieren - soll ich?

Guten Abend Ich mache bald mein Abitur und muss mir also langsam mal überlegen, was ich denn später so machen will. Da ich Archäologie total interessant finde, wäre das natürlich das, was ich später am liebsten als Beruf machen würde. Jetzt habe ich mich mal ein wenig informiert und gelesen, dass es unter anderem wohl recht schwer sein soll, eine Stelle zu finden. Daher wollte ich hier mal nachfragen. Sollte ich Archäologie studieren? Wird es sehr schwer sein, einen Job zu bekommen? Und wie sieht es mit Stellen im Ausland aus? Oder sollte ich es mir lieber aus dem Kopf schlagen und mir was anderes suchen? Gibt es vielleicht noch ähnliche Berufe, wo man mehr Chancen auf eine spätere Anstellung hat? Wäre sehr nett, wenn mir jemand da weiterhelfen könnte. MfG graf11

Ich antworte ja immer gerne auf diese Frage, da ich momentan noch als Archäologe arbeite. Vorweg: - Ich glaube es gibt heute kein “sicheres” Studium mehr - Es gibt verschiedene Archäologien und ich kann nur über die Klassische Archäologie sprechen. Als Einblick schildere ich meine momentane Situation: Mein 2 Jahresvertrag läuft bald aus und ich habe noch keine Anschlussstelle, wahrscheinlich werde ich einige Monate arbeitslos sein. Mein vorläufiger Rentenbescheid kam heute. Sollte ich weiter nur halbe Verträge kriegen, beläuft sich meine Rente in über 30 Jahren auf 900 Euro. Juhu! Ach ne doch nicht. Meine Freundin lebt über 4 Stunden Zugfahrt von mir entfernt und sollte ich eine neue Stelle finden, könnten wir näher zusammen rücken oder aber auch weiter auseinander. Ich muss mich nämlich weltweit bewerben. Meine sonstigen Erfahrungen In den letzten 6 Jahren habe ich in vier verschiedenen Städten gelebt. Klingt toll? Geht so. Ich habe in jeder der Städte Freundeskreise, die ich, nachdem ich weiter gezogen bin, ca. 1 Mal im Jahr sehe. Grabungen hören sich toll an? Geht so. Da ich über Jahre immer in den Sommermonaten auf Grabungen war, habe ich die Geburt meiner Nichte verpasst, mehrere Hochzeiten und jeden Geburtstag meiner Mutter (hat leider im August Geburtstag). Partys im Sommer, Badeurlaub etc.? Fehlanzeige. Achja, da Geisteswissenschaftler gesellschaftlich ein sehr schlechtes Image haben, muss man oft ermüdende Diskussionen führen über Wirtschaftlichkeit von Wissenschaft. Positives Ich mag die Inhalte und die Menschen, die ich kennen lerne. Ich reise recht gern. Würde ich es nochmal studieren? Vermutlich nicht.

Nein, lerne etwas “anständiges”. Die Fragestellung ergibt sich gar nicht wenn du ein Ziel mit Leidenschaft verfolgen würdest. Du suchst offenbar einen Beamtenjob. die Bundeswehr ist sicherlich eine Alternative für dich oder eine ältere Witwe. Banker natürlich auch. Viel Erfolg für dein späteres Leben.

@ p.b. Vielen Dank für die Antwort, das hilft mir schon einmal weiter @KaBiAn Glaub mir, ich würde später wirklich unglaublich gerne in diesem Gebiet arbeiten wollen. Ich denke nur, dass es gut wäre, sich das alles mal durch den Kopf gehen zu lassen und Rat bei Leuten einzuholen, die da bereits Erfahrungen gemacht haben, wenn zb. die Chancen, eine Stelle zu bekommen nicht sonderlich gut sind. Ich würde wie gesagt, wirklich unglaublich gerne Archäologie studieren, aber sollte mich dieses Studium doch nur in die Arbeitslorigkeit führen, dann werde ich sicher auch einen anderen Beruf finden, der mir Freude bereitet.

Addendum: Ich kenne auch genügend Leute, die Archäologie studiert haben und jetzt einen schönen Job in einem anderen Bereich haben. Das Archäologie Studium verlangt nämlich Auslandsaufenthalte, Sprachkenntnis und den Umgang mit verschiedener Computersoftware. Alles Fähigkeiten, die auch in anderen Sparten gesucht werden. Wenn du noch neben dem Studium einige Sachen machst, ergibt das ein rundes Paket. Zusätzlich gibt es natürlich auch genügend Leute, die schnell unbefristete Stellen gefunden haben. @KaBiBan: Was soll denn der Zynismus? Wenn ein Abiturient hier eine einfache Frage stellt, kann man doch vernünftig antworten. Nicht fragen, weil man glaubt man hätte “genügend” Leidenschaft, ist ein Zeichen von Dummheit gekoppelt mit einem elitären Selbstverständnis, das sich Studenten der Archäologie und Archäologen wahrlich nicht erlauben können. Zum Thema Beamtenjob: Die richtig guten Jobs in der Archäologie sind Beamtenjobs. Ich unterstelle JEDEM Archäologen, dass er diese Jobs will.

Für den Beruf “Archäologe” muss man wohl ein ausgesprochener Idealist und leidensfähig sein. Ich habe als nur “Ehrenamtlicher” schon genug kennen gelernt und um ehrlich zu sein, tun sie mir leid. Sie machen den Beruf mit Begeisterung, hangeln sich aber größtenteils von einer befristeten Stelle zur anderen. Habe selbst schon auf Grabungen mitbekommen, wie diese Leute 2 Wochen vor Vertragsauslauf noch nicht wussten ob sie übernommen werden oder wie es weitergeht!    Ist zwar Schade aber in Zeiten von allgemeinen Sparmaßnahmen leider auch die Realität. Dessen sollte man sich im Vorfeld auch bewusst sein.

Meine Antwort war nicht zynisch sondern pragmatisch, genauso wie die Frage gestellt wurde. Hätte der Fragesteller geschrieben das er in seiner Freizeit alles leidenschaftlich aufsaugt was mit Archäologie zu tun hat und er schon alles möglich in seiner Heimatstadt geschichtlich erkundet hat wäre meine Antwort sicherlich anders ausgefallen. Aber hier ging es schließlich nur um einen “sicheren” Arbeitsplatz. 

Das ist wohl einer der Gründe, warum Archäologen in den Augen vieler nicht sehr hoch angesehen sind.

also, heute würde ich jederzeit Archäologie studieren, egal wie schwer es wäre, einen Job in diesem Bereich zu finden. Als ich einen Job suchte, hatte ich dieses Interesse gar nicht. Ok ich habe heute einen guten Job. Aber Archäologie finde ich heute dermaßen faszinierend, dass ich es echt bedauer, dass bei mir das Interesse so viel später kam. Wenn ich könnte würde ich heute Ausgrabungen gerne als Ausgrabungshelfer begleiten und auch voll nach Anweisung arbeiten und das ausdauernd. Aber es ist wie es ist und so bleiben mir Bücher, Artikel über Ausgrabungen und natürlich Fernsehen. Ich sehe mir jede Sendung über Archäologe an. Aber ich verstehe die Leidenschaft, die man für diese Beruf haben kann

Ich habe Ur- und Frühgeschichte studiert und mich auf Südostasien spezialisiert. Während meines Studiums haben mich viele Professoren an Universitäten ermutigt und alles war ganz toll. Nach meinem Abschluss fing es dann an. Beworben in XYZ…Abgelehnt, weil man dann doch jemanden wolle, der sich mit LBK und BZ in Westfalen auskennt. Und Grabungen? Warum graben Sie nicht in Japan? wurde mir ganz offen am Telefon gesagt. Nun, ich arbeite nun seit sechs Jahren in Vietnam. Eine deutsche Krankenversicherung habe ich nicht mehr und mein Lohn schrumpft auch mehr und mehr zusammen. Zu deinem Thema: Ich schreibe mal, wer so Archäologie betrieben hat: - Heinrich Schliemann: Wohl weltweit bekannt. Weniger bekannt: Er gehörte zu den reichsten Menschen in Europa. Konnte sich also leisten, Troja zu suchen. - Kaiser Wilhelm II: auch er lebte nicht von Hartz IV - Prince Charles: muss auch nicht am Hungertuch nagen. - Howard Carter: der mit der Tutanchamun-Mumie…war eher arm, hatte aber einen reichen Gönner. Ich suche auch noch einen Lord (kann auch eine Lady sein), die mir meine Glasperlenanalysen finanzieren. Die DFG macht es leider nicht, ist aber auch nicht aus dem britischen Adel. = Wenn du dir ein Leben ohne wirkliches Einkommen vorstellen kannst, dann studiere Archäologie. Wenn nicht, dann studiere Archäologie und sieh zu, dass du andere skills aufbaust, wie Sprachen, Computerkenntnisse etc. Ich tendiere eher dazu, lieber das zu studieren, was Spaß macht. Auch mit Jura oder WiWi sieht es heute nicht viel besser aus. Ein Medizinstudium ist auch kein 100% Garant für einen guten und gutbezahlten Job.

… eine praktischer angelegte, wobei natürlich auch dem Geldmangel und den damit verbundenen begrenzten Beschäftigungsverhältnissen unterworfene Studienvariante ist die des Grabungstechnikers. Das Studium findet in Berlin an der HTW statt. http://krg.htw-berlin.de/studienschwerpunkte/grabungstechnik/ Angenehm und sicherlich hilfreich sich nötigenfalls später umzuorientieren, ist hierbei die technisch doch umfassendere Ausbildung, so die Arbeit mit diversen CAD- Anwendungen, Vermessungstechniken… etc. Nach dem Master kann aber auch nach Bedarf promoviert werden… Sicherlich eine, im Feldeinsatz geringer bezahlte, aber trotzdem interessante Alternative zur reinen geisteswissenschaftlichen Variante… Gruß Irminfried   

Gehe Deinen Weg, lasse Dich nicht beeinflussen. Du hast es in der Hand. Menschen wie Dich brauchen wir, da sie aus der Vergangenheit die Zukunft erkennnen können.  :b:

Ich denke, du gehst falsch an die Frage heran… eine sichere Stelle gibts heutzutage mit praktisch keinem Studium mehr! Du solltest dich von deinen Interessen leiten lassen und dich fragen, ob Archäologie wirklich das ist, was du machen willst! Wenn die Antwort darauf bedingungslos ja ist, dann mach es (dann wirst du sowieso so gut, dass du auf jeden Fall einen Job bekommst), wenn aber auch nur der geringste Zweifel vorhanden ist (und den unterstell ich dir mal, immerhin schreibst du ja andauernd von einem möglichst sicheren Job), dann lass es bleiben! Ich selbst hab in Wien Ur- und Frühgeschichte studiert, allerdings vorher eine Ingenieursausbildung gemacht und auch viele Jahre in der Technik gearbeitet. Ich hatte kein Problem, bereits während des Studiums gute Jobs zu finden (“networking” heißt das Zauberwort) und unmittelbar nach dem Abschluss eine Anstellung in einem interdisziplinär (eher technisch/naturwissenschaftlich) ausgerichtetem archäologischen Forschungsinstitut bekommen… Du siehst also, es ist durchaus möglich, von Archäologie zu leben! Wenn man allerdings nur das macht, was eh ein paar hundert andere Archäologie-Studenten auch machen, wirds wohl schwierig, Eigeninitiative und ein Denken auch über den Rand des eigenen Fachbereichs hinaus ist gefragt!