Fackeln am Pergamon-Fries

Bei meinem letzten Besuch im Pergamon Museum sind mir am Pergamon Fries “Fackeln” aufgefallen, die die Götter als Waffen benutzen. Ich hätte gern mehr darüber gewusst. Unsere Führerin sagte nur, dass diese feuerspeienden Stangen als Fackeln interpretiert werden. In der Literatur habe ich auch nichts weiter gefunden. Da ich selbst leider kein Archäologe bin, sondern Kunstgeschichtler, wüsste ich gern mehr über diese “Fackeln”, wenn es denn Fackeln sind. Ich kenne mich in der griechischen Mythologie leider auch nicht so weit aus, dass ich sie klar identifizieren könnte. Und welche Bedeutung hatte die Fackel für die Griechen in diesem Zusammenhang? Wurden Fackeln auch im Krieg als Waffen benutzt? Also, ich würde mich freuen, wenn mir da jemand direkt ein paar Infos geben könnte oder einen gute Literaturempfehlung hätte. Hier noch zwei Bilder.

Hallo Tripod, eine Beschreibung des Pergamon-Altars findest Du fürs erste bei Wikipedia. Auf Deinen beiden Bildern sind auf dem ersten Phoibe und dem zweiten Hekate mit Fackel dargestellt. In der Regel ist das Atribut Fackel mit der Funktion einer Lichtbringerin und das wiederum mit dem Mond verbunden. Phoibe war eine Titanin und ihr Name bedeutet die “Leuchtende”. In der Mythologie wird Phöbe als Tochter des Uranos und der Gaia mit dem Mond in Verbindung gebracht. Hekate und Artemis sind Enkelinnen von ihr und werden ebenfalls als Fackelträgerinnen mit dem Mond in Verbindung gebracht und auch mit der Mondgöttin Selene (röm.Luna) gleichgestellt. Da die griechische Artemis u.a. die Göttin der Jagd ist wird auch ihr römisches Pendant Diana mit Selene gleichgesetzt und ist gelegentlich mit Fackel dargestellt. Die vielen Funktionen und Atribute der Antiken Götter hängen wohl damit zusammen, dass Kulturaustausch und Kulturüberlagerung zur Verschmelzung mehrer Götter zu einem geführt haben. Das ist schon innerhalb eines Kulturkreises durch die Übernahme der prähistorischen Naturgötter der einzelnen Stämme in eine Staatsreligion wie z.Bsp. im alten Ägypten sichtbar. Die Fackel hat jedenfalls immer etwas mit dem Licht zu tun was der Gott bzw. sein Gestirn ausstrahlte und das können Sonne, Mond oder Sterne sein. So stellte im Mithraskult die aufgerichtete Fackel die aufgehende Morgensonne dar und die gesenkte Fackel den Sonnenuntergang. Manchmal wird aber auch ein Gott mit einer Fackel gezeigt die lediglich auf eine mythische Geschichte hinweist. Demeter trägt manchmal eine Fackel weil sie eine solche am Ätna anzündete als sie sich auf die Suche nach ihrer von Pluto entführten Tochter machte. Auch Priester trugen oft eine Fackel was wohl auf ein Requisit bei den verschieden Mysterienfeiern, die mit einer göttlichen Fackelträgerin zu tun hatten, zurückzuführen ist. Das man, wie auf dem Pergamon-Altar dargestellt, mit einer Fackel auch schmerzlich verwunden und blenden kann macht sie aber nicht generell zur Waffe in der Antike. Es war lediglich der Künstler, der den Einfall hatte die beiden Frauen sich mit ihrem Atribut verteidigen zu lassen oder anzugreifen. Als Waffe gab es zwar im byzantinischen Reich (um 700 n.Chr.) das “Griechische Feuer” als Waffe, aber das hat mit der Fackeldarstellung nichts zu tun. Einen kurzen Einblick in die antike Religion und die Gleichsetzung von Göttern gibt Dir dieser Link. Am "Hekate - Steckbrief " wird Dir die Kompliziertheit klar. Gruß Kurti

Vielen Dank für die vielen Infos. Das beantwortet meine Frage eigentlich schon. Ich bin wohl davon ausgegangen, dass es noch ähnliche Darstellungen gibt, bei denen die Fackeln auf so eine Art verwendet werden. Aber wenn das nur am Pergamon Fries so ist, dann scheint es tatsächlich nur der Einfall des verantwortlichen Bildhauers gewesen zu sein. Sieht man es am Fries, erweckt es den Eindruck, sie benutzen ihre Fackeln so wie Zeus seine Blitze oder Athene ihren Speer. Dagegen wirken Fackeln aber in ihrem herkömmlichen Gebrauch eher harmlos. Ich habe ein recht interessantes Buch vom Hirmer Verlag: “Erika Simon - Die Götter der Griechen” Da sieht man sehr schön, wie die Götter über die Jahrhunderte und durch ständigen Export und Import immer mehr - oft auch gegenläufige - Bedeutungen angehäuft haben. Es ist ein scheinbar undurchdringliches Geflecht.