Gefäßfragment mit Reiterdarstellung

Hallo! Bei Bauarbeiten auf einer Burgruine in Königsberg/Bayern wurden vor ein paar Wochen zahlreiche Scherben gefunden, die derzeit vom zuständigen Landesamt für Bodendenkmalpflege (Schloss Seehof, Bamberg) untersucht werden. Darunter befand sich auch ein Gefäßfragment mit einer Reiterdarstellung. Das Gefäß war außen dunkelbraun und innen gelbocker glasiert und stammt wohl - analog zu den anderen Scherben - ca. aus dem Zeitraum 1400 - 1700. Vorgestern habe ich nun noch ein zweites, etwas größeres Stück gefunden, das auch die selbe Reiterdarstellung aufweist. Es gehört wohl zum gleichen Gefäß. Die Scherbe ist recht dünn, unten 3mm, oben 1,5 mm stark. Bild 1 - 4 sind Fotos von dem zweiten, größeren Stück, das letzte Bild ist ein Foto von dem Stück, das zur Zeit beim Landesamt zur Untersuchung ist. Abgebildet ist ein Reiter mit umgegürteten Schwert(?) und Begleiterin im Damensitz vor ihm. Das Pferd schaut zum Betrachter, ist ansonsten aber im Profil. Vermutlich wurde das Bild durch eine Art Model oder Stempel in den Ton geprägt, grob ausgeschnitten und auf den gedrehten Gefäßrohling geklebt. Kennt jemand vergleichbare Stücke, kann man Aussagen zur Art der Darstellung, zur Funktion des Gefäßes oder zur Datierung machen? Vielen Dank, Michael Klugattachment_07b7abcbb2e8a25d65b1bd06c0ed58f7.jpg attachment_1d67666195bb01a1e5466cf4243fde55.jpg attachment_7c046bf3a46be1cd674ecd9d57dce87b.jpg attachment_c539790ff36252c5f9f4c7afc107bdd0.jpg

Man kann die Darstellung zwar nicht genau erkennen, doch scheint es mir, dass der Reiter ein Gambeson, also einen Polsterschutz zur Schlacht und enge Hosen trägt, was auf das Spätmittelalter oder die frühe Renaissance zu schließen wäre (zw. 1450 und 1520). Alternativ könnte es auch ein Wams sein, aber die Hosen sind eindeutig enganliegend. Die Begleiteruin ist offenkundig eine Frau, es ist also eine Darstellung aus dem Alltag der Liebe oder der Minne. Die Tatsache, dass der Kopf des Pferdes herausragt, spricht ebenfalls für eine spätmittelalterliche Keramik. Barock - bzw. späte Renaissancezeit fallen aus, alleine schon bei dem Schwert; zu späteren Zeiten wurden meist Rapiere oder Degen getragen und entsprechend abgebildet. Das Schwert schein ein Bastard- oder Kurzschwert zu sein, spricht also ebenfalls für den Zeitraum 1430 - 1480. Die Innenseite der Keramik erscheint mir typisch, ähnliche Stücke kann man beispielsweise im Museum der Ronneburg finden, sowie in Burghausen. Solche Keramikstücke wurden von anderen Wissenschaftlern Trinkgefäßen zugeordnet, doch möglicherweise könnte es auch eine Waschschale sein. LG Heydenarchaeologie

Habe mich nochmal schlau gemacht - eie Angabe stimmte nicht ganz, tut mir leid: enge Hosen traten bereits im 14. Jahrhundert auf, allgemein lässt sich die Scherbe also auf das Spätmittelaler (1300 - 1500) datieren

Vielen Dank für die Informationen! Von den Vergleichsfunden in Ronneburg/ Burghausen habe ich im Netz leider keine Bilder finden können. Eine Fachbezeichnung für diese Art Gefäße mit Applikationen gibt es nicht, oder? Sonst könnte ich systematischer nach vergleichbaren Funden suchen. Ansonsten fand ich bei Bilder-Recherche im Internet vor allem bei sog. Bartmannskrügen Bildapplikationen, neben dem charakteristischen bärtigen Gesicht dort vor allem Ranken, Wappen und (Brom-)beeren. Außerdem gehe ich aufgrund des kurzen Gewands des Reiters von einer Entstehung frühestens im Laufe des 14. Jahrhunderts aus, da die Männermode davor noch bedeutend länger war (vgl. z.B. Abbildungen im “Codex Manesse”). So viel ich weiß wurden auch erst zu dieser Zeit Glasuren üblicher. Schönen Gruß, Michael

Hallo, stimmt, 14. Jahrhundert käme eher hin, hab nochma nachgefragt, im 15. Jh. waren Nesteln in Mode, was knapp bemessene Wämse zuließ.